Lockerungen gefordert

Saarländischer Regierungschef plädiert für Aufhebung von Corona-Beschränkungen. Diskussion um Impfpflicht für Berufsgruppen

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Berlin. Die Bundesregierung will künftig bei der Bewertung der Corona-Lage in Deutschland mehr Faktoren berücksichtigen. Bislang war die Zahl der Infektionen pro 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche, also die 7-Tage-Inzidenz das zentrale Kriterium. Künftig soll zusätzlich die Zahl der coronabedingten Krankenhausaufenthalte stärker berücksichtigt werden, teilte das Bundesgesundheitsministerium am Montag mit. Hintergrund der Änderung ist die Tatsache, dass immer mehr Menschen in Deutschland durch Impfung oder überstandene Infektion gegen Corona immunisiert sind.

Ein Sprecher von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) stellte am Montag allerdings klar, die Sieben-Tage-Inzidenz bleibe »hauptausschlaggebender Faktor«. Zuvor hatte »Bild« unter Berufung auf eine Präsentation des Robert-Koch-Instituts (RKI) berichtet, es solle »weiterhin mehrere Indikatoren zur Bewertung« des Infektionsgeschehens geben, aber sich die Gewichtung der Indikatoren untereinander ändere sich. Auch das RKI rechnet demnach mit einer »Abnahme des Anteils schwerer Fälle«.

Minister Spahn zeigte sich derweil besorgt über das nachlassende Tempo der Corona-Impfkampagne. Obwohl inzwischen überall genug Vakzin vorhanden sei, seien am Sonntag so wenige Erstimpfungen verabreicht worden wie zuletzt im Februar, schrieb Spahn am Montag auf Twitter. Bis Sonntag hatten laut Spahn rund 35,4 Millionen Bürgerinnen und Bürger den vollen Impfschutz - dies entspricht 42,6 Prozent der Bevölkerung. Einmal geimpft waren 58,5 Prozent.

Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) forderte unterdessen weitere Lockerungen der Corona-Maßnahmen. Aktuell sei es »geboten, Freiheiten wiederherzustellen«, sagte er am Montag im ZDF-»Morgenmagazin«. Ein erneutes Inkraftsetzen der Bundesnotbremse lehnte Hans ab, auch wenn im Herbst mit höheren Infektionszahlen aufgrund der Verbreitung der Delta-Variante des Virus zu rechnen sei. Hans forderte mehr Anstrengungen zur Erhöhung der Impfquote. Auch Belohnungen für Impfwillige würde er in Betracht ziehen. Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) forderte mehr Impfangebote, zum Beispiel »am Rande von Wochenmärkten oder in Einkaufszentren«. Zudem sollten aus seiner Sicht verstärkt Familien mit Sprachbarrieren kontaktiert werden. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte für die Sitzung seines Kabinetts an diesem Dienstag ein Konzept mit »Impfen to go« und Impfungen an »ungewöhnlichen Orten« an. Er betonte er am Montag zugleich: »Vollständige, unbeschwerte Freiheit gibt es nur mit Impfen.«

Ethikratsmitglied Wolfram Henn sprach sich für eine Corona-Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen aus. »Wir brauchen eine Impfpflicht für das Personal in Kitas und Schulen«, sagte der Mediziner der Düsseldorfer »Rheinischen Post«. Lehrkräfte und Kita-Erzieherinnen sollten so vor allem Kinder unter zwölf Jahren schützen, die keine Impfung bekommen können. Wer sich »aus freier Berufswahl in eine Gruppe vulnerabler Personen hineinbegibt, trägt eben besondere berufsbezogene Verantwortung«, meinte er. nd/Agenturen

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