Steckengeblieben im Tief Mitteleuropa
Gefährliche Großwetterlage tritt selten, aber häufiger auf
Beim Deutschen Wetterdienst (DWD) ist man genervt: »Insgesamt gibt es heute sehr unterschiedliche Modellaussagen, was es schwer macht, eine Vorabinformation Unwetter herauszugeben«, schrieb Meteorologe Olaf Pels Leusden in seiner Prognose für Donnerstag. Ein Vorhersagemodell sah den Starkregenschwerpunkt im östlichen Nordrhein-Westfalen, ein anderes in Brandenburg. Immerhin war man sich sicher, dass es nicht mehr so schlimm wird wie am Tag davor. Und ab dem Wochenende kommt es zur Normalisierung.
Die Behörde gibt offizielle Wetterwarnungen für bestimmte Gebiete heraus. In den vergangenen Wochen waren es besonders viele - mal ging es um Hitze, mal um Gewitter und Starkregen. Wo genau, ist aber schwer vorherzusagen. Der Schurke hat einen harmlosen Namen: »Bernd«. Tiefdruckgebiete ziehen in Deutschland wegen der vorherrschenden Westwind-Strömungen vom Atlantik eigentlich rasch von West nach Ost durch. »Bernd« hingegen hat sich festgesetzt, da das Tief von Hochdruckbieten »umzingelt« ist, so der DWD. Zudem schaufelte es von Osten her warme und feuchte Luft heran.
Die ungewöhnliche Wetterlage bezeichnen Meteorologen als »Tief Mitteleuropa« oder als »Tiefdrucksumpf«. Feuchtwarme Luft und schwache Luftdruckgegensätze sorgen für »beständig unbeständiges und schwülwarmes Wetter mit Unwetterpotenzial«, heißt es beim Wetterdienst. Wichtig dabei ist eine »Konvergenzlinie«, an der feuchte Luft aufsteigt und in höheren Atmosphärenschichten kondensiert. Da es durch mangelnden Wind nicht abziehen kann, regnet es mancherorts über Stunden hinweg stark.
Ist das nun Folge des Klimawandels, der ja mit einer Häufung von Extremwettereignissen einhergeht? Forscher des DWD fanden in einer Untersuchung heraus, dass das »Tief Mitteleuropa« in den 1950er Jahren an acht bis zehn Tagen pro Jahr zu beobachten war, zuletzt aber an 9 bis 15 Tagen, in einzelnen Jahren noch mehr.
Die Zunahme sei damit zu erklären, dass »eine wärmere Atmosphäre mehr Wasserdampf aufnehmen kann, welcher dann bei einem Niederschlagsereignis als Regen fällt«, sagt Jakob Zscheischler, Klimaforscher an der Uni Bern. Beim DWD ist man etwas vorsichtiger: Bewiesen sei das noch nicht. Der physikalische Zusammenhang sei »deutlich komplexer, sowohl theoretisch als auch bei den Daten«. Ein ebenfalls in der Forschung viel diskutierter Effekt sei »die Abschwächung der Sommerzirkulation der Atmosphäre, die zu weniger Wetterwechsel und länger anhaltenden Wetterlagen führt«, erläutert Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. »So werden ein paar heiße Tage zur Hitzewelle, ein steckengebliebenes Tief führt zu Dauerregen.«
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