Abgabefrist um drei Monate verlängert
steuererklärung 2020
Vorweg ein Blick in die Praxis: Hier zeigt sich bei Kurzarbeitern ein riskanter Trend. Immer mehr Betroffene wollen mit ihrer Steuererklärung lieber warten, bis das Finanzamt sie zur Abgabe einer Steuererklärung auffordert. Das aber kann teuer werden.
Die Ausnahmeregelung findet sich »versteckt« im Gesetz
Die um drei Monate verlängerte Abgabefrist für die Steuererklärung 2020 ist schon lange in der Diskussion. Nun ist sie auch beschlossen: Der Bundesrat hat am 25. Juni 2021 der Ausnahmeregelung zugestimmt. Die Fristverlängerung findet sich etwas »versteckt« im »Gesetz zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie« (ATAD-Umsetzungsgesetz - ATADUmsG). Hintergrund der Regelung sind die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie.
Statt Ende Juli 2021 muss die Steuererklärung nun erst bis Ende Oktober 2021 eingereicht werden. Da der 31. Oktober auf einen Sonntag fällt, endet die Abgabefrist folglich am 1. November 2021 bzw. am 2. November in den Bundesländern, in denen der 1. November (Allerheiligen) ein gesetzlicher Feiertag ist.
Die um drei Monate verlängerte Abgabefrist gilt entsprechend auch für »beratene Steuerpflichtige«, also für Steuerzahler, die von einem Steuerberater oder einem Lohnsteuerhilfeverein die Steuererklärung anfertigen lassen. Normalerweise wäre hier die Abgabeschluss für die Steuererklärung 2020 Ende Februar 2022. Nunmehr endet die Frist am 31. Mai 2022.
Welche Folgen ergeben sich aus der Fristverlängerung?
Die Fristverlängerung wirkt sich auch auf weitere Fristen aus, die mit der Steuererklärung im Zusammenhang stehen. Demzufolge verlängern sich unter anderem auch die Fristen für die Festsetzung von Zinsen und Verspätungszuschlägen.
Die nunmehr beschlossenen Ausnahmeregelungen sind sicher auch eine Erleichterung für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Die verlängerte Frist sollte jedoch niemand als Aufruf zur Tatenlosigkeit verstehen.
Steuerzahler, die 2020 von Kurzarbeit betroffen waren, sind verpflichtet, eine Steuererklärung einzureichen. Vorausgesetzt, sie haben in dem Steuerjahr 2020 mehr als 410 Euro aus der Arbeitslosenversicherung erhalten. Bei immer mehr Betroffenen stellen wir jedoch fest, dass sie lieber abwarten wollen, bis das Finanzamt sie zur Abgabe der Steuererklärung auffordert. Diese Handlungsweise kann aber teuer werden, wenn man allein an die drohenden Verspätungszinsen denkt
Die Abgabe der Steuererklärung ist verpflichtend
Verpflichtet zur Abgabe der Steuererklärung sind nicht nur Kurzarbeiter. Vielmehr gelten alle Steuerzahler als pflichtveranlagt, wenn sie 2020 mehr als 410 Euro sogenannte »Lohnersatzleistungen« erhielten. Dazu zählen neben Kurzarbeiter- und Arbeitslosengeld zum Beispiel auch Kranken-, Mutterschafts- oder auch Elterngeld.
Pflichtveranlagte, die mit der Steuererklärung 2020 abwarten, bis das Finanzamt schreibt, riskieren Verspätungszuschläge. Pro Verspätungsmonat kostet das mindestens 25 Euro. Der Verspätungszuschlag wird fällig, wenn die Steuererklärung auch 17 Monate (normalerweise 14 Monate) nach Ablauf des Steuerjahres nicht beim Finanzamt vorliegt. Berechnet wird der Verspätungszuschlag dann rückwirkend. Übrigens nicht nur für Pflichtveranlagte, sondern für alle Steuerzahler, die zu spät kommen. Und natürlich kommen auch noch die Zinsen hinzu.
Abgesehen von diesen zusätzlichen Kosten gibt es auch keinen Grund für die Untätigkeit. Denn wer 2020 Kurzarbeitergeld oder andere Lohnersatzleistungen erhielt, muss nicht automatisch Steuern nachzahlen. Steuererstattung oder Steuernachzahlung - das ist von zahlreichen individuellen Faktoren abhängig. Im Zweifel sollten Betroffene einen Steuerberater oder einen Lohnsteuerhilfeverein zu Rate ziehen. So ist man auf der sicheren Seite und zahlt auf keinen Fall mehr Steuern als erforderlich.
Der Autor ist Leiter der Beratungsstelle Berlin der Lohnsteuerhilfe für Arbeitnehmer, Lohnsteuerhilfeverein mit Sitz in Gladbeck.Der Verein hat 300 Beratungsstellen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.