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Landrätin aus Leidenschaft
Teltow-Fläming Kornelia Wehlan (Linke) bewirbt sich um ihre Wiederwahl
Kornelia Wehlan, 1961 als fünftes von sechs Kindern einer alleinerziehenden Mutter in Luckenwalde geboren, wollte eigentlich Lehrerin werden. Doch trotz guter Zensuren in der Schule bekam sie nicht den Studienplatz, den sie sich gewünscht hatte. So wurde sie Agraringenieurin - und in diesem Beruf dann auch glücklich. Seit 2013 ist sie nun Landrätin in ihrem Heimatkreis Teltow-Fläming - die erste und einzige Landrätin der märkischen Linkspartei. Und sie will Landrätin bleiben. Am 26. September kandidiert Wehlan erneut für den Posten.
Es glich einem Krimi, wie sie 2013 ins Amt gelangte. Ihr Vorgänger Peer Giesecke (SPD) war als Landrat abgewählt worden - nach einer Verurteilung wegen Untreue und Vorteilsannahme. Bei der Wahl eines Nachfolgers sah sich der SPD-Kandidat Frank Gerhard mit einem Strafbefehl der Staatsanwaltschaft konfrontiert - wegen einer Kurzreise, die ihm eine Schweizer Firma bezahlt hatte. In der Stichwahl stimmten schließlich 20 695 Bürger für Kornelia Wehlan, ein haushoher Sieg über ihren Mitbewerber Gerhard. Allerdings lag die Wahlbeteiligung bei mickrigen 22,7 Prozent, und so fehlten Wehlan zu guter Letzt 541 Stimmen, um das nötige Quorum von 20 695 Stimmen zu erreichen. Ihre Wahl zählte nicht. Der Kreistag hatte das Wort - und entschied sich mit 27 zu 25 Stimmen für Wehlan und gegen den nun anstatt von Gerhard von der SPD aufgebotenen Andreas Fredrich.
Es gilt ein Quorum von 15 Prozent. Das bedeutet, die Wahl des Kandidaten mit den meisten Stimmen ist nur dann gültig, wenn ihn wenigstens 15 Prozent aller wahlberechtigten Bürger angekreuzt haben.
Niedrige Wahlbeteiligungen führten dazu, dass bei bislang 18 Landratsdirektwahlen in elf Fällen das Quorum nicht erreicht wurde. In diesen Fällen wählte dann, wie vor dem Jahr 2010, der Kreistag den Landrat. Der Tiefpunkt bei der Wahlbeteiligung war am 22. April 2018 im Barnim bei der Stichwahl zwischen Daniel Kurth (SPD) und Othmar Nickel (CDU) erreicht. Nur 18,7 Prozent der Bürger gaben dort seinerzeit ihre Stimme ab.
Bei der Landratswahl am 26. September 2021 in Teltow-Fläming dürfte das Quorum spielend erreicht werden, weil der Termin mit der Bundestagswahl zusammenfällt. Sollte jedoch an diesem Tag keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit schaffen, gibt es zwei Wochen später eine Stichwahl der beiden Bestplatzierten. Dann könnte es schon wieder Schwierigkeiten mit dem Quorum geben. af
»Landrätin zu sein ist eine Herausforderung«, sagt Kornelia Wehlan heute. »Es waren harte Jahre. Wir hatten Schuldenberge abzutragen, vor Krieg und Hunger fliehende Menschen bei uns aufzunehmen, riesige Waldbrände zu löschen, die Coronakrise zu meistern ...« Trotzdem blickt Wehlan gern zurück. »Unser Landkreis hat sich hervorragend entwickelt«, schwärmt sie.
Teltow-Fläming hatte über 30 Millionen Euro Schulden, die kreiseigene Struktur- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft noch einmal weitere 16 Millionen Euro. Inzwischen seien Zukunftsinvestitionen wieder möglich, sagt die Landrätin. Dazu sind auch die zehn Millionen Euro für die Sanierung der Gymnasien in Luckenwalde, Rangsdorf und Jüterbog zu zählen.
Damit könnte sich Wehlan brüsten. Doch sie sagt: »Der Erfolg ist nicht das Werk einer Einzelperson. Er hat viele Mütter und Väter, bedarf aber immer auch der Menschen, die sich mit Kompetenz, Leidenschaft und Mut den Hut aufsetzen. Die nah dran sind. Die sich nicht einer Partei verpflichtet fühlen, sondern zuallererst dem Wohl der Menschen und der Region, in der sie leben. Das ist auch mein Leitspruch. Diesen Weg möchte ich fortsetzen.«
Das passt zur ruhigen Art von Wehlan. Sie drängt nicht so sehr ins Rampenlicht wie andere Politiker, behält aber den Überblick - und erreicht damit oft viel mehr. Anders geht es auch gar nicht. Die Linksfraktion hatte in den zurückliegenden acht Jahren nie eine Mehrheit im Kreistag. Die Landrätin musste sich Zustimmung zu ihren Projekten organisieren, indem sie sich mit allen demokratischen Kräften verständigte.
In den Jahren 1999 bis 2013, in denen Kornelia Wehlan agrarpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Landtag war, fuhr die brandenburgische Linke noch Rekordergebnisse ein - damals mit genau dem seriösen und sachlichen Stil, den Wehlan bis heute pflegt, der aber selten geworden ist im Politikbetrieb.
Als ihr Wahlprogramm nimmt die Landrätin das Leitbild von Teltow-Fläming. Kinder- und familienfreundlich soll der Landkreis sein (darauf legt Wehlan besonderen Wert), sozial gerecht, ökologisch vernünftig, bürgernah und weltoffen - und mit einer starken Wirtschaft. Die Arbeitslosenquote lag im Jahr 2014 noch bei 7,3 Prozent und sank bis zum Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 auf um die vier Prozent. Mit jetzt rund fünf Prozent liegt die Quote noch unter dem Bundesdurchschnitt, allerdings ist der strukturschwache Süden von Teltow-Fläming stärker betroffen, sagt Wehlan. Sie weiß, wie sich das anfühlt. Nach der Wende war sie wie viele Ostdeutsche arbeitslos, wenn auch nur kurz.
Zwei ihrer Mitbewerber für den Landratsposten sind seit Anfang 2018 Beigeordnete in der Kreisverwaltung: Ordnungsdezernentin Dietlind Biesterfeld (SPD) und Kämmerer Johannes Ferdinand, den die CDU nominiert hat. Beide stammen im Gegensatz zu Kornelia Wehlan nicht aus Teltow-Fläming, sondern sind in Nordrhein-Westfalen geboren, dem westdeutschen Partnerland Brandenburgs, aus dem viele Beamte kommen, die in Brandenburg führende Verwaltungsfunktionen besetzen. Auch FDP, Grüne, Freie Wähler und AfD schicken Landratskandidaten ins Rennen.
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