Für das Recht auf Verhütung

Frauenrechtsorganisationen klagen gegen niederländischen Staat

  • Sarah Tekath, Amsterdam
  • Lesedauer: 3 Min.

Plakate, Papp-Spiralen, übergroße Pillen-Packungen sowie ein als Kondom verkleideter Mann: Ein Gericht in Den Haag hatte dieser Tage unerwarteten Besuch von rund 40 Personen vor seinen Toren. Der Grund dafür war eine Klage der Frauenrechtsorganisation Bureau Clara Wichmann und der Organisation De Goede Zaak, der sich 7359 Mitkläger*innen aus der Bevölkerung angeschlossen hatten. Sie fordern vom Staat, Verhütungsmittel für Frauen kostenlos zur Verfügung zu stellen. Das Urteil wird voraussichtlich am 6. Oktober 2021 verkündet werden.

Aktuell werden Verhütungsmittel für Frauen bis 18 Jahre von der Krankenversicherung übernommen. Bis zum Alter von 21 Jahren ist es möglich, die Kosten von der Versicherung übernehmen zu lassen, allerdings erst, nachdem der in den Niederlanden vorgeschriebene Eigenanteil von 385 Euro pro Person jährlich überschritten ist. Ist eine Frau älter als 21 Jahre, trägt sie die Kosten der Verhütungspille selbst oder sie kann sich - mit entsprechenden Mehrkosten - zusätzlich versichern.

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Beraterin Linde Bryk von Bureau Clara Wichmann schätzt die Verhütungskosten folgendermaßen ein: »Die Pille variiert zwischen 8 Euro und 40 Euro im Quartal. In einem Jahr kann sich das bis zu 160 Euro summieren. Eine Kupferspirale kostet ungefähr 50 Euro, bei der Hormonspirale sind es 160 Euro. Das Einsetzen kostet beim Hausarzt 63,53 Euro und beim Gynäkologen ungefähr 200 Euro. Diese Kosten müssen sofort beglichen werden. Das ist also eine ansehnliche Ausgabe. Ein Pessar kostet für drei Jahre 55 Euro und das Hormonstäbchen 132 Euro - beide exklusive Einsatzkosten. Das bedeutet also, dass die Entscheidung jeder Frau, welche Verhütung sie nutzen möchte, zuerst einmal eine Geldfrage ist und nicht unbedingt, welche Variante für sie am besten ist.«

Der Großteil der Kosten für die Verhütung werde in den Niederlanden immer noch von den Frauen getragen, so Bryk. Untersuchungen der Organisation Dokters van de Wereld haben gezeigt, dass acht Prozent der Frauen und Menschen mit Gebärmutter in den Niederlanden diese Kosten nicht tragen können.

Die Organisationen Bureau Clara Wichmann und De Goede Zaak hatten bereits im Jahr 2019 in einer beim niederländischen Parlament eingereichten Petition kostenlose Verhütungsmittel gefordert. Trotz rund 55 000 Unterschriften entschied sich das Kabinett dagegen, die Pille in das gesetzliche Basispaket der Versicherungen aufzunehmen. »Es ist klar zu erkennen, dass das Kabinett keine Entscheidung treffen und sie lieber dem nächsten Kabinett überlassen will. Wir haben so viele verschiedene Parteien mit unterschiedlichen Hintergründen, dass Verhütungsmittel zu einem politischen Spielball geworden sind«, so Linde Bryk von Bureau Clara Wichmann.

»Sollten Verhütungsmittel wieder Teil des Basispakets werden, besteht die Wahrscheinlichkeit, dass sie doch von den Frauen bezahlt werden, wenn Verhütung unter den Eigenanteil fällt.« Doch Bureau Clara Wichmann und De Goede Zaak sehen den Zugang zu Verhütungsmitteln als reproduktives Recht. »Dieser Zugang darf nicht diskriminierend sein. Das fordern wir auch in unserer Klage. Deswegen erscheint es uns als die beste Lösung, Verhütung gratis zu machen, schließlich gibt es ja derzeit noch keine Pille für den Mann.« Bezüglich des Gerichtsurteils in diesem Fall, das im Herbst gesprochen werden soll, zeigen sie sich zuversichtlich, dass Verhütung für Frauen in den Niederlanden künftig kostenlos werden könnte.

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