Durch die Hintertür

Simon Poelchau über die Sozialstaatsforderung der Arbeitgeber

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 2 Min.

Jedes Mal, wenn man anfängt zu glauben, dass der Neoliberalismus nichts mehr zu sagen hat, macht ein Arbeitgeberpräsident den Mund auf und belehrt uns eines Besseren. Natürlich sagt Rainer Dulger nicht: »Wir wollen euch noch mehr ausbeuten können.« Der oberste Lobbyist der Bosse formuliert seine Forderungen vielmehr so, dass von ihrer Umsetzung angeblich auch Menschen mit geringen Einkünften profitieren. Ein Paradebeispiel dafür ist seine Einlassung, dass die Sozialversicherungsbeiträge nicht über 40 Prozent steigen sollten.

So »profitieren« zunächst auch die einfachen Angestellten davon, wenn die Sozialabgaben stabil bleiben, da ihre Bruttoeinkommen ohnehin niedrig sind - und damit auch das, was netto übrig bleibt. Auf der anderen Seite profitieren von einer Deckelung der Beiträge aber immer auch die Arbeitgeber, weil diese sie als Lohnnebenkosten ebenfalls zahlen.

Gleichzeitig werden mit den Beiträgen wichtige sozialstaatliche Leistungen finanziert. Deckelt man ihre Finanzierung, so deckelt man auch ihren Umfang. Dies bedeutet weniger Rente, weniger Arbeitslosengeld, geringere Leistungen bei der Gesundheitsversorgung und in der Pflege. Folglich bereitet Dulger mit seinen Äußerungen schon mal einen Sozialabbaudiskurs vor. Denn die Alternative, dass der Fiskus einspringt, wird von der Arbeitgeberseite auch abgelehnt. Das würde nämlich entweder mehr Schulden oder höhere Steuern bedeuten.

Stattdessen will Dulger eine »Entfesselungsoffensive« für die Wirtschaft. »Wir brauchen eine Befreiung der Wirtschaft von Belastungen und müssen dafür sorgen, dass die Wirtschaft wieder brummt«, fordert er. Das klingt schon unverblümter nach Neoliberalismus. So steckt dahinter die Trickle-Down-Theorie, dass der Reichtum von oben nach unten weitergegeben wird. Dass das nicht stimmt, wurde überall auf der Welt zur Genüge bewiesen. Dies hat dem Neoliberalismus jedoch leider immer noch nicht ein Ende bereitet.

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.