AfD scheitert mit Misstrauensvotum gegen Ramelow

Thüringer Landtag lehnt Antrag der Rechtspartei erwartungsgemäß ab. Es gab scharfe Kritik an der CDU, die sich nicht an der Abstimmung beteiligte

  • Sebastian Haak, Erfurt
  • Lesedauer: 4 Min.

Wie erwartet ist der Vorsitzende der Thüringer AfD-Landtagsfraktion, Björn Höcke, nicht zum Ministerpräsidenten des Freistaates gewählt worden. Die Rechtspartei scheiterte am Freitag in Erfurt mit ihrem Misstrauensantrag gegen Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke), der seit März 2020 erneut Chef der Landesregierung ist. Für den Vorschlag der AfD, Höcke zu wählen, votierten in geheimer Wahl 22 Abgeordnete - über so viele Sitze verfügt die AfD im Landtag. Dagegen stimmten 46 Abgeordnete von Linke, SPD, Grünen und FDP. Die 21 CDU-Parlamentarier beteiligten sich wie angekündigt nicht an der Abstimmung und blieben auf ihren Sitzplätzen im Plenarsaal.

Nach Artikel 73 der Landesverfassung kann ein Ministerpräsident des Freistaats jenseits regulärer Wahlen nur durch ein sogenanntes konstruktives Misstrauensvotum gestürzt werden. Er gilt als abgewählt, wenn die Abgeordneten des Landtages mit absoluter Mehrheit einen anderen Regierungschef wählen. Für Höcke hätten also 46 der derzeit 90 Abgeordneten stimmen müssen. Dies war ein extrem unwahrscheinliches Szenario. Wenige Stunden vor der Abstimmung hatte das sogar ein AfD-Abgeordneter eingeräumt. Seine Fraktion sei nicht naiv und wisse, dass man die absolute Mehrheit nicht erreichen könne, hatte Stefan Möller der Deutschen Presse-Agentur gesagt und hinzugefügt: »Natürlich ist es ein Symbol, was soll es sonst sein?« Das Votum sei nur »Mittel zum Zweck«, um deutlich zu machen, dass es leicht möglich sei, Ramelow abzuwählen.

Im Grunde, so Möller, habe die AfD mit ihrem Manöver gar nicht auf Ramelow, sondern auf CDU und FDP abgezielt. Genau das habe man schon vor der Abstimmung erreicht: Die CDU habe sich »bestmöglich blamiert«, indem sie eben nicht gegen Höcke votierte, sondern sich nicht an der Abstimmung beteiligte.

Möller ist in der Thüringer AfD nicht irgendwer. Er ist neben Höcke einer der zwei Sprecher des Landesvorstandes. Und er ist jener Politiker, der nach dem Dammbruch von Erfurt im Februar 2020 öffentlich erklärt hatte: Indem die AfD-Fraktion den FDP-Politiker Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten gewählt hatte, habe sie diesem eine Falle gestellt, in die er auch getappt sei.

Die CDU hatte im Vorfeld des Misstrauensvotums erklärt, sie werde aus Protest gegen die »endlosen Spielereien« der AfD »nicht aktiv« an der Abstimmung teilnehmen. Dafür war sie aus den Reihen der rot-rot-grünen Koalition in Erfurt scharf kritisiert worden. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Landtagsfraktion, Diana Lehmann, sagte unmittelbar vor der Abstimmung, es sei nicht ausreichend, dass die Unionsabgeordneten sitzenbleiben wollten. Wenn die AfD jemanden wie Höcke als Ministerpräsidenten vorschlage, müssten Demokraten mit Nein stimmen. Ähnlich äußerten sich Vertreter von Grünen und Linke.

Zugleich äußerte sich Lehmann anerkennend mit Blick auf die scharfe Kritik, die CDU-Fraktionschef Mario Voigt zuvor an Höcke und dem AfD-Manöver geübt hatte. »Ihre Farbe ist nicht Blau, Ihre Farbe ist Braun, und dieses braune Gift brauchen wir hier nicht«, hatte er gesagt. Die AfD arbeite mit Enttäuschung und Hass. Das Misstrauensvotum sei eine »Farce« und »billige Inszenierung«. An diesem Spiel der AfD wolle sich die Union nicht beteiligen.

Den Misstrauensantrag hatte die AfD gestellt, nachdem die Fraktionen der Minderheitskoalition vor einer Woche bekanntgegeben hatten, den geplanten Antrag auf Auflösung des Landtages zurückzuziehen. Der Grund: Höchstwahrscheinlich wären sie für die Auflösung auf AfD-Stimmen angewiesen gewesen. Die Auflösung war Voraussetzung für die für den 26. September eigentlich auch in Übereinstimmung mit der CDU geplante vorgezogene Neuwahl des Erfurter Parlaments. Die Wahl findet daher nun nicht statt. Regulär wird der Thüringer Landtag im Jahr 2024 neu gewählt.

Michael Rudolph, Bezirksvorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes im Bezirk Hessen-Thüringen, hatte die demokratischen Parteien am Freitagmorgen aufgefordert, »Haltung zu zeigen«. »Wegducken ist keine Alternative, das gilt insbesondere für CDU und FDP«, mahnte er. Die Absage der Neuwahlen bezeichnete Rudolph als großen Fehler. Nun brauche Thüringen stabile Verhältnisse. DGB-Bundesvorstandsmitglied Anja Piel erklärte, die Gewerkschaften erwarteten von »allen Abgeordneten der demokratischen Parteien« im Thüringer Landtag, »gegen den Faschisten Björn Höcke zu stimmen«.

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