• Kultur
  • Tod einer DDR-Legende

Auch er hatte niemals Zeit: Herbert Köfer hundertjährig gestorben

Rund 80 Jahre stand der Mime auf der Bühne, auch noch nach der Wende

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. DDR-Fernsehlegende und Publikumsliebling über Generationen: Der Schauspieler Herbert Köfer, der auch noch hochbetagt beruflich aktiv war, ist tot. Er starb am Samstag im Alter von 100 Jahren, wie seine Witwe Heike Köfer mitteilte. Rund 80 Jahre stand der Mime mit den lustig blitzenden Augen auf der Bühne, die für ihn stets die Welt war. Den Applaus hat er immer bis zur letzten Sekunde ausgekostet, wie er einmal lächelnd gestand.

»Ich lebe mit jeder Vorstellung, jeder Lesung und jedem Tag, an dem ich spiele, auf«, hatte er selbst sein Lebenselixier beschrieben. Das Wort Ruhestand war aus seinem Munde nicht zu hören - und sein Name bleibt immer mit der DDR-Fernsehserie »Rentner haben niemals Zeit« verbunden. Sein Part als Opa Paul Schmidt war legendär. Jahrzehnte später schlüpfte er bei Aufführungen des von ihm gegründeten Tournee-Theaters wieder in die Rolle des umtriebigen Rentners.

Köfer, am 27. Februar 1921 in Berlin geboren, sah man sein Alter nie an. Immer modisch gekleidet und sehr gepflegt, wirkte er wie ein junger Senior. Charmant und sehr detailreich berichtete er über sein Leben und seine vielen Erlebnisse mit Kollegen - tote und lebende. Seine Gedanken und Erfahrungen hielt er stichpunktartig in einem immer griffbereiten kleinen Notizbuch fest, das er bei Bedarf fix aus der Hosentasche holte. Daraus entstanden auch einige seiner Bücher. Die Arbeit halte ihn jung, hatte er immer wieder betont.

Mit seiner dritten, 40 Jahre jüngeren Ehefrau Heike ging Köfer viel spazieren. Mit fast 90 baute er 2012 ein neues Haus am Seddiner See in Brandenburg - und ließ sich dabei mit einer Schubkarre in Aktion fotografieren. Tatkräftig, von robuster Gesundheit, so präsentierte er sich gern. Seine im Vergleich zu Altersgenossen stets hohe Fitness stellte Köfer zuweilen auch mit Liegestützen zur Schau. Mögliche gesundheitliche Beschwerden wischte er mit einer Handbewegung weg.

Auch moderne technische Entwicklungen entgingen ihm nicht: Als bald 100-Jähriger hatte er eine gut gepflegte eigene Internetseite, einen Facebook-Auftritt und einen Youtube-Kanal. »Ich finde es gut, dass man sich über die sozialen Medien äußern kann«, sagte er mit rund 99 Jahren. Alles was auf seiner Facebookseite erscheine, füge er selbst ein - kein Management. Allerdings helfe ihm seine Frau: »Weil sie einfach schneller auf der Tastatur unterwegs ist.«

Seinen Fans verdanke er, »dass ich mein Leben schön finde«, sagte er froh. »Ich wollte etwas machen, mit dem man Aufmerksamkeit erregt«, erinnerte sich der Mime an den Beginn seiner Schauspielkarriere in den 40er Jahren, zunächst am Theater. Er fand sich als Jugendlicher eher schmächtig und wollte damit herausragen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg begann er beim DDR-Fernsehen, wo er 1952 die ersten Nachrichten verlas - auch einen Geburtstagsgruß der DDR-Führung an Stalin. Und Köfer war auch bei der Silvestergala 1991 dabei, als für das DDR-Fernsehen die Lichter ausgingen. Er spielte in DEFA-Filmen wie »Nackt unter Wölfen« (1963) mit, in dem ein Kind in das KZ Buchenwald geschmuggelt wird. Nach der Wende war er in beliebten Serien wie »In aller Freundschaft«, »SOKO Leipzig« oder »Ein starkes Team« zu sehen.

In Schwänken und Komödien, aber auch Stücken über ernsthafte Themen war er auf Leinwand, Bühne oder im Fernsehen zu sehen. »Eine schöne Rolle im Film macht Spaß, auf der Bühne ist es ganz anders, die Bühne ist mein Podium«, sagte er. Von Ruhestand wollte er nichts wissen. »Der Beruf ist mit Schönheit verbunden und die auch anstrengende Arbeit mit Erfüllung.« Auf die Bühne getragen werden aber wollte er nie.

Das einzige Zugeständnis an sein Alter machte er erst mit gut 90: Er ließ die Tage ruhiger angehen und frühstückte ohne schlechtes Gewissen meist erst mittags. Und er ärgerte sich nicht mehr, wenn es beim Lernen der Rollen zuletzt etwas länger dauerte. dpa/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -