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Die Krise nach dem Putsch
Seit einem halben Jahr regiert das Militär in Myanmar, die Bevölkerung leidet
Wer wegen Corona in Yangon Hilfe braucht, der bringt dieser Tage weiße oder gelbe Flaggen an Fenster oder Haustür an - sechs Monate nach dem Putsch schlägt die Corona-Pandemie mit tödlicher Wucht zu. Immer mehr Menschen erkranken in der Sieben-Millionen-Metropole Yangon schwer an SARS-Cov-II, doch für die benötigten Beatmungsgeräte fehlt vor allem Sauerstoff. Dass die seit dem Staatsstreich am 1. Februar herrschende Junta die Corona-Lage im Land nicht unter Kontrolle hat, musste Putschgeneral Min Aung Hlaing diese Woche zugeben. Myanmar sei auf die Hilfe der Gemeinschaft südostasiatischer Staaten (Asean) und »freundliche« Nachbarn angewiesen, um die Pandemie im Land in den Griff zu bekommen. In der staatlichen Zeitung »New Light of Myanmar« rief er Angehörige des Militärs auf, Eier, Bananen und Grundnahrungsmittel an Krankenhäuser zu spenden.
Dort ist die Junta allerdings mit einem weiteren Problem konfrontiert. Auch sechs Monate nach dem Putsch wird die Militärregierung noch immer bestreikt. Die sogenannte Bewegung des zivilen Ungehorsams (CDM) startete im Februar mit medizinischem Personal, das gegen die Machtübernahme des Militärs protestierte. Die CDM zog bald weitere Anhänger an, vor allem im Bildungs- und im Bankensektor weigern sich viele Beamt*innen und Angestellte bis heute, an ihren Arbeitsplätzen zu erscheinen. Wie groß die weitgehend führerlose Bewegung noch immer ist, ist schwer einzuschätzen: Die Junta reagierte mit Entlassungen, und wer derzeit nicht auf Arbeit erscheint, tut dies vielleicht aus Angst vor Corona. Viele Streikende aus dem Gesundheitssektor helfen notdürftig in privat eingerichteten Praxen.
Die CDM hat damit durchaus Erfolg: Durch die Streiks fehlt es der Junta an Personal in der Verwaltung, die Ausstellung von Rechnungen und die Erhebung von Steuern stockt. Ein staatliches Stromversorgungsunternehmen in der größten Stadt des Landes Yangon warnte seine Kund*innen nun, dass der bestehende Boykott, Rechnungen zu zahlen, die Stromversorgung beeinträchtige.
In dieser Woche schloss das Putschregime den Staatsstreich auch offiziell ab. Am 26. Juli annullierte es die Ergebnisse der Wahlen vom November 2020. Die Nationale Liga für Demokratie (NLD) um Aung San Suu Kyi hatte etwa 80 Prozent der abgegebenen Stimmen erhalten und damit die Wahl haushoch gewonnen. Die Wahlkommission der Union teilte nun mit, dass 11 305 390 Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Stimmabgabe gefunden wurden. Dass ein Drittel aller Stimmen bei der Wahl gefälscht worden sein sollen, dürfte wohl zu den größten Wahllügen im 21. Jahrhundert zählen - und wird von der großen Mehrheit der Bevölkerung auch genau als solche erkannt.
Mit dem Putsch einher geht die Absicht, die NLD und Aung San Suu Kyi ein für alle Mal als politische Kräfte auszuschalten. Schon die von der vorherigen Militärregierung geschriebene Verfassung von 2008 sollte die Tochter des Staatshelden Aung San aus dem politischen Prozess ausschließen. Doch mit einem Trick, der Schaffung des Postens der Staatsrätin, agierte Aung San Suu Kyi nach der Wahl 2015 de facto als Regierungschefin. Gegen sie erhebt die Junta nun immer neue Korruptionsvorwürfe, dazu ist sie wegen Aufwiegelung, illegaler Einfuhr von Funkgeräten und Missachtung von Coronavirus-Beschränkungen während des Wahlkampfs angeklagt. Der 76-Jährigen droht eine jahrzehntelange Haftstrafe, ihrer NLD die Zerschlagung.
Schon Ende Mai musste Putschgeneral Min Aung Hlaing zugeben, dass sein Regime nicht überall die Kontrolle hat. Zwar haben es die Sicherheitskräfte geschafft, die Massenproteste, die vor allem im Februar und März Hunderttausende auf die Straße trieben, niederzuschlagen - bisher sind fast 1000 Menschen der Gewalt des Putschregimes zum Opfer gefallen, mindestens 21 Menschen wurden zu Tode gefoltert, fast 6000 Menschen wurden verhaftet -, doch noch immer kommt es im ganzen Land täglich zu Demonstrationen. Das Militär brannte sogar ein Dorf nieder, um protestierende Bewohner*innen zu bestrafen. Zahlreiche Flüchtlinge haben sich an die Grenze nach Thailand und über die Grenze nach Indien aufgemacht, wo eine weitere humanitäre Krise droht.
Mehrere der ethnischen bewaffneten Organisationen (EAOs) haben den Putsch verurteilt und sich auf die Seite der protestierenden Bevölkerung gestellt. Konflikte mit Rebellen gibt es im Vielvölkerstaat seit der Unabhängigkeit 1948; im Kern geht es darum, wie groß der Einfluss des Zentralstaates und der bamarischen Bevölkerungsmehrheit, die vor allem in den zentralen Ebenen von »Burma Proper« lebt, auf die bergigen »Grenzgebiete« ist, in denen ethnische Minderheiten für mehr Autonomie kämpfen.
2015 schloss die erste zivile Regierung ein landesweites Waffenstillstandsabkommen mit acht EAOs; nachdem die NLD 2016 die Regierung übernommen hatte, führte Aung San Suu Kyi die Gespräche fort und begann Friedensverhandlungen mit diesen und weiteren, aber nicht mit allen, der etwa 20 EAOs. Für die neue Legislaturperiode, die am Tag des Putsches beginnen sollte, wurden neue Verhandlungen erwartet. Stattdessen eskaliert nun der Bürgerkrieg nicht nur mit altbekannten ethnischen Armeen, sondern auch mit einer Vielzahl lokaler Kräfte in Gebieten, die seit Jahrzehnten keine Kämpfe mehr gesehen haben. Viele, vor allem junge Menschen lassen sich von den EAOs zum bewaffneten Kampf im Untergrund ausbilden. Die Tatmadaw, wie das Militär in Myanmar heißt, geht mit brutalen Angriffen gegen sie vor und lässt Luftschläge gegen einzelne EAOs ausführen. Die International Crisis Group warnte bereits vor einem Staatskollaps.
Mit der Ausweitung des Bürgerkrieges droht auch eine Internationalisierung des Konfliktes. Unterstützung bekommt das Regime vor allem von Russland, wo Min Aung Hlaing nicht nur eine Ehrendoktorwürde verliehen bekam, sondern die Tatmadaw auch neue Waffen kaufen konnte. China hat ebenfalls die neue Putschregierung anerkannt, spricht aber auch mit verschiedenen Rebellengruppen, die teilweise sehr enge Kontakte nach Peking pflegen, und auch mit der Regierung der Nationalen Einheit (NUG). Diese Schattenregierung besteht vor allem aus untergetauchten Parlamentariern, die sich in Rebellengebieten aufhalten sollen. Peking kooperierte gut mit Aung San Suu Kyi, die nach 2017 im Westen in Ungnade fiel und sich isoliert China zuwendete. Für die Volksrepublik ist der Schutz der eigenen Investitionen entlang der »Belt-and-Road«-Infrastrukturinitative am wichtigsten; solange das gesichert ist, wird Peking mit jeder Regierung in Myanmar auskommen.
Auch wenn die NUG sich darum bemüht, internationale Anerkennung aus westlichen Staaten hat sie noch nicht erhalten. Zu sehr wiegt die Enttäuschung und die Skepsis in Großbritannien, der EU und den USA, wie die NLD sich 2017 nach der Vertreibung und Flucht von 740 000 der muslimischen Minderheit Rohingya verhielt. Anstatt die Gewalt des Militärs zu kritisieren, stellte sich Aung San Suu Kyi vor die Tatmadaw und verteidigte sie sogar vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. So bleibt es bisher bei Sanktionen gegen Vertreter*innen des Regimes sowie der Unterstützung einzelner zivilgesellschaftlicher Akteure, nicht aber der NUG - zumindest nicht offiziell.
Bei den Vereinten Nationen hält übrigens noch ein Vertreter der demokratischen Regierung den Sitz Myanmars. Ende August wird darüber abgestimmt werden, wer zukünftig das Land vertritt. Sollten sich bis dahin westliche Staaten nicht hinter die NUG stellen, dann wird der Sitz wohl an das Putschregime fallen. Und für die Schattenregierung wird es immer schwieriger, eine Machtoption gegen das Militärregime aufrecht zu erhalten. Und damit auch, die seit 2010 begonnen demokratische Öffnung des Landes zu retten.
Mangel an allem
Corona schlägt in einer massiven dritten Welle zu
Die demokratische Regierung der gestürzten Aung San Suu Kyi hatte die Pandemie 2020 recht gut im Griff. Bis September gab es nur 1000 Fälle, eine zweite Welle wurde zum Jahreswechsel endgültig gebrochen. Seit Ende Mai hat sich die Lage geändert. Inzwischen gibt es zwischen 5000 und 7000 tägliche Neuansteckungen, die Gesamtzahl steuert stramm auf die 300 000 zu. Der Junta droht die Coronalage zu entgleiten. Gleich drei hochansteckende Virusvarianten machen aktuell die Runde. Der UN-Sondergesandte Tom Andrews warnte dieser Tage, ohne Nothilfe der internationalen Gemeinschaft drohe »ein signifikanter Verlust von Leben«. Durch das Zusammenwirken diverser Faktoren stehe das Gesundheitssystem vor dem Zusammenbruch, so Andrews. Solche Aussagen werden von anderen Stellen untermauert. Unter anderem Sauerstoff zur Beatmung ist Mangelware. Die Militärjunta hat einen Lockdown verhängt, die Menschen sind bis auf wenige Ausnahmen auf ihr Zuhause beschränkt. Vorige Woche wurde wegen zwei Extrafeiertagen in vielen Bereichen gar nicht gearbeitet. Auch einige Rebellengruppen wie die Arakan Army (AA) im Teilstaat Rakhine verkündeten in ihrem Gebiet Lockdown-Maßnahmen.
Die Untergrundregierung (NUG) richtete am 22. Juli eine elfköpfige Corona-Taskforce ein. Sie wird von Cynthia Maung geleitet - die Medizinerin hat in weiten Teilen Myanmars Kultstatus. Drei Jahrzehnte war die von ihr gegründete Mae-Sot-Klinik in Thailand nahe der Grenze Anlaufstelle für Patient*innen aus ganz Myanmar, die oft Hunderte Kilometer weit zu Behandlungen anreisten. Gerade auf die Gebiete der ethnischen Minderheiten, wo es nur rudimentäre medizinische Infrastruktur gibt, will die Taskforce ihren Fokus legen. Dreieinhalb Millionen Impfdosen, die Myanmar bisher aus China und Indien erhielt, sind bei einer Bevölkerung von 54 Millionen nur eine kleine Hilfe. Auch etliche inhaftierte Spitzenpolitiker der früheren Regierungspartei NLD, meist Senioren, sind an Covid-19 erkrankt. tbe
Jobverluste, Hunger
Weltbank und ILO zeichnen ein finsteres Bild
Zu Wochenbeginn hat das regionale Büro der Weltbank einen Bericht vorgelegt, die Bestandsaufnahme und weitere Prognose darin könnte düsterer kaum sein: Für das aktuelle Finanzjahr 2021, das in Myanmar bis Ende September läuft, wird ein Negativwachstum von 18 Prozent vorausgesagt. Hatte die Wirtschaft des Landes im Vorjahr immerhin noch ein minimales Wachstum hingelegt, zeigen nun alle Indikatoren alarmierend abwärts. Die Kombination von Corona- und Putschfolgen sei desaströs, so die Einschätzung. Gerade die Ärmsten hätten unter den massiven Jobverlusten, Einkommenseinbußen sowie Gesundheits- und Ernährungsrisiken ganz besonders zu leiden, konstatierte Mariam Sherman, die Landesdirektorin. Die Weltbank rechnet bis Oktober mit dem Wegfall von einer Million Arbeitsplätzen. Je schlimmer die dritte Coronawelle sich entwickle, könnte sich der Einbruch noch verschärfen, warnt Kim Alan Edwards, einer der Co-Autoren. Der Bericht verweist auf deutlich verringerte Mobilität, während der Kaufkraftverlust besorgniserregende Ausmaße annehme. Seit Januar, heißt es unter Verweis auf Angaben der Staatsbank, habe die Landeswährung Kyat gegenüber dem US-Dollar 23 Prozent an Wert verloren.
Mit ihrem düsteren Ausblick steht die Weltbank nicht allein. Auch die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) kommt in ihrem Report vom 19. Juli zu ähnlichen Einschätzungen. Seit dem Putsch habe es auf dem Arbeitsmarkt verheerende Auswirkungen gegeben, sogar von 1,2 Millionen verlorenen Jobs ist dort die Rede. Die Beschäftigung im zweiten Quartal 2021 sei um sechs Prozent gegenüber dem Jahresende 2020 zurückgegangen. Der Bausektor liegt laut ILO mit einem Einbruch von 35 Prozent an der Spitze, gefolgt von Textilbranche (31 Prozent) und Tourismuswirtschaft (25 Prozent). Der Rückgang in Arbeitsstunden sei mit einem Minus von 14 Prozent im ersten Halbjahr sogar im Detail noch höher. Das entspreche dem Wegfall von 2,2 Millionen Jobs. Neue Armut riesigen Ausmaßes droht. Thomas Berger
Heimkehr unwahrscheinlicher denn je
Hunderttausende geflüchtete Rohingya harren weiter in Bangladesch aus
An Rückkehr in die Heimat ist für die etwa 740 000 Männer, Frauen und Kinder aus der muslimischen Minderheit, die nach einer brutalen Militäroffensive vor vier Jahren binnen weniger Monate über die grüne Grenze ins Nachbarland Bangladesch flüchteten, weiterhin nicht zu denken. Schließlich regiert nun genau jenes Militär, dessen Soldaten im August 2017 mordend, vergewaltigend und brandschatzend durch ihre Dörfer im westlichen Teilstaat Rakhine gezogen waren. Komplette Ortschaften wurden seinerzeit niedergebrannt. Überlebende berichteten von Gräueltaten - auch wenn die Schilderungen nicht im Detail verifizierbar waren, sind sie in der großen Übereinstimmung doch glaubhaft. Der Armee hatte damals ein koordinierter Überfall einer kleinen Rebellengruppe als Rechtfertigung gedient.
Wie stark die sonst kaum in Erscheinung getretene Arakan Rohingya Salvation Army (Arsa) ist, dazu gibt es keine verlässlichen Informationen. Ebenso wenig zu ihren angeblichen Verbindungen zur Terrorgruppe IS.
Dafür ist das Leiden der Hunderttausenden Geflüchteten in den Camps dokumentiert. Das mit dem Massenexodus aus dem Nachbarland überforderte, selbst arme Bangladesch hat in einem umstrittenen Vorhaben begonnen, Tausende Rohingya auf eine überflutungsgefährdete Insel umzusiedeln. Mehrere Versuche einer freiwilligen Rückführung nach Myanmar scheiterten.
Sogar der Umstand, dass Myanmars demokratische Untergrundregierung NUG kürzlich verkündete, die seit den 1970er Jahren geltende staatliche Diskriminierung der Rohingya in wesentlichen Punkten beenden zu wollen, sehen diese mit Skepsis. Noch 2019 hatte Aung San Suu Kyi bei einer Gerichtsanhörung in Den Haag die Militäroffensive verteidigt. tbe
Berichte aus dem Untergrund
Pressefreiheit ist seit dem Putsch passé: Medien leiden unter Repression
Die Junta von Putschführer General Min Aung Hlaing habe die Pressefreiheit in den sechs Monaten seit dem Staatsstreich niedergeschmettert, konstatiert Reporter ohne Grenzen (RSF) in einem Bericht vom Dienstag. Von 98 seit dem Putsch festgenommenen Journalist*innen säßen 43 noch immer in Haft, so RSF. Die einheimische Assistance Association for Political Prisoners (AAPP) spricht sogar von 46. Während einige noch auf den Ausgang ihrer Gerichtsverfahren warten, sind andere bereits zu Haftstrafen verurteilt worden. Ein neues Gesetz erlaubt es den Richtern, für die angebliche Verbreitung von »Fakenews« bis zu drei Jahren zu verhängen. Die Repression gegen die Presse im großen Stil begann mit rund einmonatiger Verzögerung. Einzelne Verhaftungen hatte es schon gleich nach dem Putsch gegeben. Am 8. März schlug das Regime in einer konzertierten Aktion zu und entzog fünf Medienhäusern die Lizenz.
Manche Publikationen haben ihr Erscheinen eingestellt. Die »Myanmar Times« verkündete schon am 21. Februar, dass man die Tageszeitung auf Englisch und Burmesisch, den TV-Kanal und die digitalen Aktivitäten für drei Monate »vorübergehend« schließe - der Hinweis ziert bis heute die Internetseite. Andere Teams haben ihre Arbeit in den Untergrund verlegt. Dass wiederholte Razzien zum Beispiel bei »Myanmar Now« und »Mizzima« in Yangon ins Leere liefen, lag daran, dass die Büros schon länger nicht mehr genutzt wurden. Neben diesen beiden wichtigen Informationsquellen wirkt auch das führende Online-Nachrichtenportal »The Irrawaddy« als unabhängige journalistische Stimme. Viele der dortigen Reporter*innen haben Erfahrungen mit der Arbeit im Untergrund oder Exil. Jahrelang hatte das Team unter der vorigen Militärjunta seinen Sitz im thailändischen Chiang Mai. tbe
Asean ist gespalten
Der regionale Staatenblock will keine Vermittlerrolle einnehmen
»Myanmars Krise wird zur Schande für die Asean«, titelte die »Asia Times« über einem kritischen Beitrag vom 11. Juni. Das Portal »East Asia Forum« sprach schon Ende Mai von »Aseans Myanmar-Dilemma«. Tatsächlich sind die Erwartungen, der Staatenblock könnte mäßigend auf das Regime in Naypyidaw einwirken und den Weg zu einer Lösung bereiten, bisher nicht erfüllt worden. Zu unterschiedlich sind Interessen und Bewertungen der anderen Mitgliedsländer. Ganz deutlich war die faktische Spaltung am 18. Juni zu sehen, als über eine UN-Resolution zur Verurteilung des Putsches abgestimmt wurde. Während sich Indonesien, Singapur, Malaysia, die Philippinen und Vietnam dafür aussprachen, enthielten sich Thailand, Kambodscha, Laos und das kleine Sultanat Brunei, das derzeit den Asean-Vorsitz innehat. Die widerstreitenden Ansichten waren allerdings schon vor drei Monaten zutage getreten, als am 24. April in Jakarta ein Sondergipfel des Bundes zur Lage in Myanmar stattfand. Auch Putschführer Min Aung Hlaing reiste da entspannt in die indonesische Hauptstadt. Wusste er doch, dass mit scharfen Verurteilungen nicht zu rechnen sei. Die Abschlusserklärung des Treffens war eine Art Minimalkonsens. Von der Mittlerrolle, die sich das Bündnis darin auferlegte, ist noch nicht wirklich etwas zu spüren.
Insgesamt ist es weiterhin nur das Trio Indonesien, Malaysia und Singapur, dessen führende Politiker*innen nicht mit kritischen Worten sparen. Vorneweg die indonesische Außenministerin Retno Marsudi: Myanmars Militär müsste schon kooperieren, monierte sie am 6. Juli, als ihr russischer Amtskollege Sergej Lawrow auf Visite in Jakarta weilte und erklärte, Moskau stelle sich hinter den Fünf-Punkte-Plan vom April. Mehr Engagement der Asean zu Myanmar forderte hingegen der neue US-Außenminister Anthony Blinken. Der Chefdiplomat von Präsident Joe Biden traf diesen Monat in Hanoi erstmals mit seinen Kolleg*innen aus Südostasien zusammen. tbe
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