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Im Zeichen des Hufeisens
In Südthüringen machen die Rechtsaußen-CDUler Hans Georg Maaßen und Rainer Wendt Wahlkampf
Rund 2000 Einwohner zählt Walldorf im Süden von Thüringen. Stolz ist man dort auf das Gemeindezentrum »Kressehof«, das aus dem ehemaligen Wirtschaftshaus eines Domänenguts entstanden war. Am Ortsrand, wo sonst Kabarettveranstaltungen, Theateraufführungen und Weihnachtsmärkte stattfinden, ist nun der CDU-Bewerber um das Direktmandat im Wahlkreis 196 zu Gast. Es ist der ehemalige Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans Georg Maaßen, der zu einem Gespräch über das Thema »innere Sicherheit« eingeladen hat.
Der erste Aufritt des heute 58-jährigen im Freistaat fand bereits im Oktober 2019 statt, als er auf Einladung der Werteunion Thüringen in Suhl den Landtagswahlkampf der CDU unterstützt hatte. Dort waren auch der örtliche CDU-Bundestagsabgeordnete Mark Hauptmann und der Thüringer Vorsitzende der Werteunion, Christian Sitter, anwesend. Sitter ist inzwischen aus der Werteunion ausgetreten, Hauptmann musste sein Amt wegen Korruptionsvorwürfen niederlegen und ist zurückgetreten. Daraufhin wurde Maaßen für die Veranstaltung ins Spiel gebracht, seine Mitgliedschaft in der Werteunion lässt er inzwischen aber ruhen.
Als Gesprächspartner hat er sich Rainer Wendt eingeladen, CDU-Mitglied und Bundesvorsitzender der »Deutschen Polizeigewerkschaft« (DPolG). Noch vor knapp zwei Jahren wollte ihn die CDU in Sachsen-Anhalt zum Staatssekretär im Innenministerium machen, zog das Angebot nach Protesten jedoch zurück. Wendt hatte daraufhin erklärt, die CDU sei »vor Linken, Grünen und Sozialdemokraten eingeknickt«, das Kommando sei »aus dem Kanzleramt« gekommen.
Nun sitzt der von der Süddeutschen Zeitung als »Mini-Maaßen« titulierte Wendt mit HGM, wie sich der CDU-Direktkandidat auch gerne selber nennt, im gut besuchten Kressehof. In den sozialen Netzwerken waren sie von Anhängern m Vorfeld als »die beiden letzten Säulen der Vernunft in der CDU« bezeichnet worden, als »zwei kompetente Männer die sich nicht scheuen zu sagen was in diesem Land schief läuft«. Andere träumen gleich von »Herrn Maaßen als Bundeskanzler und Herrn Wendt als Innenminister«.
Doch zunächst wünscht der Politiker Michael Heym »einen bereichernden Abend in lockerer Atmosphäre«. Auch der CDU-Abgeordnete mit Direktmandat im Thüringer Landtag war vor zwei Jahren bei der Veranstaltung der Werteunion in Suhl. Er ist einer von vier CDU-Abgeordneten, die ihre Landtagsfraktion mit der Weigerung, der Auflösung des Landtages zuzustimmen, ins Strudeln brachten. In Walldorf dankt ihm dafür später ein Mann ausdrücklich, der sich selbst als ehemaliger AfD-Anhänger vorstellt.
Insgesamt 40 Minuten dauern die Input-Vorträge von Maaßen und Wendt - der DGPol-Chef gibt sich trotz Anzug hemdsärmelig, der Direktkandidat zeigt sich distanziert mit leiser, nüchterner und leicht monotoner Stimme. Neues bieten die Vorträge nicht. Wendt beklagt, die Politik diffamiere die Polizeiarbeit, schießt gegen Klimaaktivisten, SPD, Grüne und die Medien und empfiehlt Maaßen als »herausragenden Kandidaten, Spitzenjurist und erfahrender Behördenleiter«.
Wie die CDU es bereits mit ihren Slogans in den 1950ern vorgemacht hatte, warnt Wendt im Zeichen der Hufeisentheorie: »Keine Experimente an den Rändern des politischen Spektrums«. Auch Maaßens Thema sind die »Extremisten«. Er denke aber nicht vorwiegend an den Rechtsextremismus, obwohl das ein »großes Problem« sei. Die wirkliche Herausforderung seien Linksextremisten, »die in den Staat einsickern« und wie Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow führende Rollen übernähmen.
Die Grundpfeiler des Rechtsstaates aber dürfen nicht von Extremismus und Radikalität angenagt werden - deshalb sei die Thüringer Landesregierung dabei Teil des Problems, so Maaßen. Er erhält für seine Worte freundlichen Applaus. Den gibt es auch bei anderen Stichworten, etwa, bei den Erzählungen über eine Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl, gegen die der dortige CDU-Oberbürgermeister eine Petition eingereicht hat.
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Wirkliche Spitzen aber bleiben Maaßen und Wendt dem Publikum an diesem Wahlkampfabend schuldig. Aus dem von Maaßen jüngst geforderten Gesinnungstest für Redakteure der »Tagesschau« wird die Forderung nach einem »Restart« des öffentlich rechtlichen Rundfunks. Nach der Kanzlerkandidatur von Armin Laschet (CDU) gefragt, antwortet Wendt, die Frage sei längst beantwortet.
Nach knapp zwei Stunden beendet Maaßen die Veranstaltung,. Nicht ohne dem Publikum noch anzuvertrauen, er habe nie Politiker werden wollen, aber »im Moment werde ich gebraucht«. Dafür gibt es dann erneut lauten Applaus.
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