Die Beweisvereitelung und Leistungsablehnung
Zur Schadenbeseitigung nach Hochwasser- und anderen Schäden
Wird nach einem Schadensfall wie nach den jüngsten Unwetterkatastrophen der beschädigte Hausrat sofort entsorgt oder wurden die beschädigten Bauteile umgehend entfernt, nennt man das eine Beweisvereitelung durch den Versicherungsnehmer.
Versicherungsnehmer mit eigenem Risikomanagement sorgen ohnehin vor, indem es jährlich eine Inventur gibt, welche das Inventar mit Anschaffungskosten und Zeitwert (nicht Steuerwert) abbildet. Verhängnisvoll wird es für Versicherungsvermittler, welche sich auf (falsche) Steuerbilanzen verlassen - etwa wenn dort bereits abgeschriebene Wirtschaftsgüter gänzlich fehlen.
Freigabe des Versicherers zur Reparatur bedeutet noch keine Kostenübernahme durch Versicherer
Die sogenannte Freigabe bedeutet nur, dass der Versicherer keine Einwände hat, wenn der Versicherungsnehmer mit der Reparatur beginnt. Er kann sich durch die Freigabe später nicht auf eine Obliegenheitsverletzung durch die Veränderung des Schadensbildes und damit Erschwerung seiner Schadenfeststellungen berufen und schon deshalb seine Leistung ganz ablehnen.
Eine verbindliche Kostenübernahmeerklärung ist damit allerdings regelmäßig nicht verbunden (Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Az. 7 U 97/00).
Provoziert der Versicherer die Beweisvereitelung durch Freigabe zur Schadensbeseitigung?
Weil aber die Freigabe durch den Versicherer diese Beweisvereitelung geradezu provoziert, hat das Oberlandesgericht Saarbrücken (Az. 5 U 68/12-9) entschieden, dass nach der Freigabe die Pflicht zum Schadensbeweis dem Versicherungsnehmer nicht mehr zumutbar sei. Dies sei Folge der fehlerhaften Information durch den Versicherer.
Beratungspflicht des Versicherers bei erkennbarem Beratungsbedarf des Versicherungsnehmers
Weil Versicherer nämlich nach § 6 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) zur Beratung verpflichtet sind, wenn Versicherte diese erkennbar benötigen, lag in der nicht weiter erläuterten Freigabe eine Verletzung dieser Beratungspflicht vor. Daher läge darin stattdessen eine Beweisvereitelung durch den Versicherer. Die Folge ist dann allerdings auch nicht, dass der Beweis durch den Versicherungsnehmer für jedweden behaupteten Schaden als erbracht anzusehen ist.
Der eigentlich dem Versicherungsnehmer obliegende volle Schadensbeweis war allerdings diesem nicht mehr zumutbar. Sonst könne sich jeder Versicherer durch eine fehlerhafte Beratung bei Freigabe seiner Pflicht zur Versicherungsleistung entziehen.
Keine Beweisvereitelung bei Möglichkeit der Beweissicherung durch selbstständiges Beweisverfahren
Der Bundesgerichtshof (Az. I ZR 226/13) entschied, dass im Falle einer durch die Gegenseite vereitelten Beweisführung eine Beweisaufnahme nicht gänzlich unterbleiben kann. Vielmehr sind zunächst die (ggf. ergänzend) angebotenen Beweise der beweispflichtigen Partei zuerheben. Stehen solche Beweise nicht zur Verfügung oder bleibt die beweisbelastete Partei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme beweisfällig, ist eine Beweislastumkehr in Betracht zu ziehen und den Beweisangeboten des Prozessgegners nachzugehen.
Der Schadensregulierer des Versicherers als potenzielle Falle für den Versicherungskunden?
Versicherungsgesellschaften schalten (auch freiberuflich tätige) Schadensregulierer ein. Deren Ziel kann darin bestehen, die Entschädigung des Versicherungskunden in Grenzen zu halten - im Zweifel vielleicht verbunden mit einer Erfolgsprovision bezogen auf die Ersparnis des Versicherers.
Beim Einsatz von Agenten zur Schadensregulierung kann dies auch durch dessen gut gemeinte Botschaft erreicht werden, dass der Versicherer die Freigabe erklärt hat. Vorbeugend können Versicherte, indem sie sich von einem selbst beauftragten Privatgutachter unterstützen lassen - wobei dessen Kosten am Ende möglicherweise den Schaden nur zunächst erhöht.
Eine von manchen Versicherern empfohlene eigene genaue Bilddokumentation des Schadens und aller insgesamt geschädigten Gegenstände ist angesichts der Möglichkeiten moderner Bildbearbeitungssoftware von zweifelhaftem Wert - Zeugen helfen, soweit sie sich auch tatsächlich erinnern können.
Chance für Versicherer, sich erheblichen Aufwand bei der Schadensregulierung zu ersparen
Erfolgreich aber können Versicherer bei Kunden von Versicherungsmaklern lediglich die Freigabe erklären und diesem die Beratung überlassen. Wenn der Maklerkunde dann mit der Schadensbeseitigung beginnt, kann sich der deshalb nicht selbst zur Beratung verpflichtete Versicherer stets wirksam auf dessen Beweisvereitelung berufen und so Leistungen verweigern, soweit der Geschädigte nun den Schaden nicht mehr beweisen kann. Die Maklerhaftung wegen der dafür ursächlichen fehlerhaften Beratung allerdings geht dann mangels beweisbarem Schaden ebenso ins Leere.
Die Autoren: Dr. Johannes Fiala ist Geprüfter Finanz- und Anlageberater und Bankkaufmann (www.fiala.de), Peter A. Schramm ist Diplommathematiker und Sachverständiger für Versicherungsmathematik und Aktuar, beide in München.
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