Zahlen & Fakten

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Viele Unternehmen zahlen keinen Mindestlohn

Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) fordert strengere Maßnahmen gegen Mindestlohnbetrug. Die Zahl der Arbeitgeber, die sich nicht an die gültigen Mindestlohnregeln hielten, sei nach wie vor hoch, kritisierte der Gewerkschaftsvorsitzende Robert Feiger, der auch Mitglied der Mindestlohnkommission ist.

Er verwies auf Zahlen, die das Bundesfinanzministerium für 2020 vorgelegt hat. Danach leitete die Finanzkontrolle Schwarzarbeit bundesweit 4220 Ermittlungsverfahren wegen Mindestlohnverstößen ein.

Mit rund 1000 Verstößen entfiel der Großteil auf die Baubranche, 715 auf die Gastronomie und Hotellerie sowie 272 auf die Gebäudereinigung. Als Folge der Verstöße seien im vergangenen Jahr allein gegen Bauunternehmen Bußgelder von mehr als 8,1 Millionen Euro wegen Mindestlohnverstößen verhängt worden. Für alle Branchen waren dies bundesweit knapp 27,2 Millionen Euro.

Um den Mindestlohnbetrug wirksam einzudämmen, fordert Feiger eine Ausweitung der Kontrollen durch den Zoll und eine deutliche Erhöhung der Bußgelder. Zudem forderte er eine gesetzliche Regelung, die Firmen automatisch verpflichtet, entgangenen Arbeitslohn nachzuzahlen. Zudem sprach sich Feiger für ein öffentliches Mindestlohn-Melderegister aus, in dem Verstöße eingetragen werden, auf dessen Grundlage »schwarze Schafe« von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden.

Schlechtere Ausbildung von Flüchtlingen in Pandemie

Die Corona-Pandemie hat sich offenbar besonders negativ auf die Ausbildung von Flüchtlingen ausgewirkt. In einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages unter 70 Wirtschaftsorganisationen gaben 60 Prozent der Unternehmen an, dass Flüchtlinge stärker von den Auswirkungen der Pandemie betroffen seien als ihre Kolleginnen und Kollegen.

Rund jede dritte befragte Organisation berichte von einer mangelnden technischen Ausstattung, die die Auszubildenden mit Flüchtlingsstatus hemme, hieß es. Häufig fehle es an Laptops oder einer stabilen Internetverbindung. Rund jede vierte Organisation berichte zudem, dass die Sprachkenntnisse während der Pandemie kaum gefördert wurden.

Der Umfrage zufolge werden Flüchtlinge häufig vor allem in den Branchen ausgebildet, die von der Corona-Pandemie besonders schwer getroffen sind und deren Unternehmen in den Lockdown-Monaten lange schließen mussten. So nannten 80 Prozent der befragten Organisationen das Gastgewerbe als besonders relevant für den beruflichen Einstieg von Männern und Frauen mit Fluchterfahrung. 58 Prozent nannten den Einzelhandel.

Große Unterschiede bei den Azubi-Gehältern

Bei den Vergütungen von Auszubildenden herrschen je nach Branche und Region große Unterschiede. Die Spannbreite der in den Tarifverträgen vereinbarten Vergütungen reiche aktuell von 325 Euro pro Monat für Auszubildende im thüringischen Friseurhandwerk im ersten Ausbildungsjahr bis zu 1580 Euro im westdeutschen Bauhauptgewerbe, mit denen Auszubildende im vierten Ausbildungsjahr vergütet werden, erklärte die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung.

Die Stiftung verweist auf eine Untersuchung ihres Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI). Darin wurden kurz vor Beginn des neuen Ausbildungsjahres 20 ausgewählte Tarifbranchen verglichen. Bereits im ersten Ausbildungsjahr liegen in sechs der untersuchten Tarifbranchen die Vergütungen über von 1000 Euro pro Monat.

Der Öffentliche Dienst bietet der Untersuchung zufolge eine monatliche Ausbildungsvergütung von 1043 Euro in Einrichtungen des Bundes und von Kommunen, 1037 Euro erhalten Azubis in einer Landesbehörde.

Vergleichsweise gut stellt sich demnach die Ausbildungsvergütung in den Pflegeberufen dar. Die höchste Vergütung unter den untersuchten Tarifbranchen wird aktuell mit 1166 Euro (Öffentlicher Dienst: Bund und Gemeinden) beziehungsweise 1161 Euro (Öffentlicher Dienst: Länder) gezahlt, wie die Stiftung weiter erklärte.

In lediglich sieben der vom WSI untersuchten Tarifbranchen existieren bundesweit einheitliche Ausbildungsvergütungen, darunter das Bäckerhandwerk, das Bankgewerbe, die Druckindustrie, die Deutsche Bahn AG, der Öffentliche Dienst und das Versicherungsgewerbe.Agenturen/nd

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