Faire Bezahlung im Tourismus

Nicolas Šustr über den Neustart in Hotels und Gastronomie

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Brandenburger Hotellerie kann über diesen Corona-Sommer sogar ein bisschen jubeln. Vollbelegung vermelden viele Anbieter, zumindest wenn sie in einem der vielen Naturparadiese der Mark liegen. Denn so manchem war angesichts sich ständig ändernder Regeln für Quarantäne, Ein- und Ausreise ein Auslandsurlaub eine zu heiße Angelegenheit. Anders sieht es bei den Herbergen aus, die sich auf Tagungen, Kongresse und Geschäftsreisende spezialisiert haben. Dort herrscht nach wie vor Flaute - am Mittwoch berichtete der Berliner Hotel- und Gaststättenverband von einer Auslastung von 50 Prozent im Vergleich zum Juli 2019. Mit jenen Gästen, die ihr Hotelzimmer nicht selbst zahlen, ist im Juli 2020 sogar mehr Umsatz gemacht worden als in diesem Juli. Die Verluste der vergangenen mehr als anderthalb Jahre werden nicht mehr wettgemacht werden können.

Es darbt weiter auch die Gastronomie. In beiden Branchen zusammen verlor in der Hauptstadt jeder sechste Beschäftigte seinen Arbeitsplatz. Viele davon werden auch nicht wiederkommen, selbst wenn Wirte und Hoteliers bereits jetzt darum betteln. Zu schlecht sind oft die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen, mit Stress und Schichtdienst und häufig ohne freie Wochenenden. Auch wenn es die Kunden nur ungern hören: In Deutschland und gerade auch in Berlin ist vor allem das Essen im Restaurant eigentlich viel zu billig für den Materialeinsatz und Personalaufwand, der betrieben werden muss. Die rasant steigenden Gewerbemieten setzen die Betreiber zusätzlich unter Druck.

Der Tourismusboom der vergangenen Jahrzehnte in Berlin sorgte zwar für massig neue Arbeitsplätze. Allerdings zu großen Teilen zu prekären Bedingungen. Das ist die Kehrseite, wenn von der Politik so stark auf Tourismus gesetzt wird. Insofern dürfen bei einem Wiederanfahren der Branche nicht die alten Fehler wiederholt werden. Viele arbeiten eigentlich sehr gern in den Berufen. Aber nicht zu den aktuellen Bedingungen. Der Senat muss vor allem jene Betriebe unterstützen, die fair zu ihren Beschäftigten sind.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!