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  • Bundeswehr im Indopazifik

Begehrlichkeiten in Fernost

Nach Auslaufen einer deutschen Fregatte in Richtung Indopazifik drohen neue Konflikte mit China

  • René Heilig
  • Lesedauer: 4 Min.

Die »Bayern« ist unterwegs nach Asien. Ihr Kurs führt sie durch den Nordostatlantik, dann übers Mittelmeer und durch den Suezkanal ins Rote Meer. Es folgt die Passage des Indischen Ozeans. Im Herbst erreicht die Fregatte den Westpazifik, um auf dem Rückweg das Südchinesische Meer und die Straße von Malakka zu durchfahren. Nach vermutlich 30 000 Seemeilen wird das Kriegsschiff im Februar 2022 wieder in Wilhelmshaven einlaufen. »Kehren Sie gesund wieder« – so verabschiedete Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) zu Wochenbeginn die 230-köpfige Besatzung.

Die Frauen und Männer werden demnächst Städte wie Singapur und Tokio kennenlernen. Solche Erlebnisse hatten deutsche Marinesoldaten zuletzt 2002. Die »Bayern« selbst schipperte 1997 in asiatischen Regionen. Seither ist der Gegenwind für solche Touren »zwar rauer«, aber man lasse sich »nicht vom Kurs abbringen«, sagte die Ministerin. Gerade wenn im Indopazifik versucht werde, die »Freiheit der Meere« einzuschränken und Gebietsansprüche mit dem Recht des Stärkeren durchzusetzen, müsse man Flagge zu zeigen.

Die Indopazifik-Region ist weltweit die dynamischste Wachstumsregion der Welt. Über die dortigen Seewege wird – nach Volumen gerechnet – rund ein Drittel des Welthandels abgewickelt. Das gibt dem asiatischen Raum eine strategische Schlüsselposition. Deutschland ist auf Ex- wie Importe angewiesen, also auch auf uneingeschränkt befahrbare Seewege. Daher hat die Bundesregierung im vergangenen Jahr entsprechende Leitlinien beschlossen. Mit der »Bayern«-Tour setzt nun das Militär »ein Zeichen für Stabilität, Wohlstand und eine regelbasierte, multilaterale Ordnung«, erklärt das Verteidigungsministerium. Man suche den Schulterschluss »mit unseren Wertepartnern in der Region«. Wozu gewiss nicht China gehört, wenngleich man auch der Volksrepublik einen Hafenbesuch angeboten habe.

Hochsensibel ist die Lage im Südchinesischen Meer, denn neben China erheben Länder wie Brunei, Malaysia, die Philippinen, Taiwan und Vietnam Gebietsansprüche insbesondere auf die Inselketten der Paracels und der Spratlys. Zudem lässt China künstliche Inseln bauen, die als Militärstützpunkte insbesondere zur Flugabwehr dienen, und schickt paramilitärische Boote aus, um Gebietsansprüche zu demonstrieren. Die »Bayern« ist als sogenannter Einzelfahrer unterwegs. Das ist zwar logistisch eine Herausforderung, doch wirkt es weniger bedrohlich. Auch ist es vermutlich gut, dass die Deutschen erst in einigen Monaten vor Chinas Haustür aufkreuzen. Denn dann ist womöglich weniger Verkehr im Südchinesischen Meer.

Derzeit, so zeigen Satellitenbilder, schwimmt in dem politisch wie rechtlich so umstrittenen Seegebiet noch mehr grauer Stahl als üblich herum. Unter anderem der britische Flugzeugträger »HMS Queen Elisabeth«. Zu seinem Verband gehören zwei Zerstörer, zwei Fregatten, ein nuklear angetriebenes Angriffs-U-Boot und zwei Trossschiffe. Verstärkt wird die Kampfgruppe von einem US-Lenkwaffenzerstörer und einem Zerstörer der niederländischen Marine. Ohne Zweifel hat die russische Flotte – wie im Mittelmeer – die Nato-Schiffe fest im Blick.

Auch Großbritannien will offenbar langfristig Präsenz in diesen Gewässern zeigen. Ab August, hieß es in London, werde man zwei Patrouillenschiffe dauerhaft in der Region stationieren. So wolle man die »bereits tiefen Verteidigungspartnerschaften in der Pazifikregion« stärken, »wo sich das Vereinigte Königreich zu einer dauerhafteren regionalen Verteidigungs- und Sicherheitspräsenz verpflichtet fühlt«.

Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Die Briten suchten wohl krampfhaft nach »einer Niederlage«, hieß es in Peking. Ein Sprecher des chinesischen Verteidigungsministeriums riet der Regierung in London, niemals zu versuchen, »den regionalen Frieden zu destabilisieren«. Die chinesische Marine werde »alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um einem solchen Verhalten entgegenzuwirken«.

Die auf dem britischen Träger stationierten F-35-Jagdbomber haben eine Reichweite von gut 860 Seemeilen. 580 Seemeilen maß zu Wochenbeginn der Abstand zwischen dem von Commodore Steve Moorhouse befehligten Verband und dem chinesischen Flugzeugträger »Shandong«. Dieser wird wie sein Schwesterschiff üblicherweise – sowohl über Wasser wie darunter – von zahlreichen Sicherungsschiffen begleitet. Beide nehmen an einem passend angesetzten Manöver vor Hainan teil.

Gleichfalls im Südchinesischen Meer ist ein halbes Dutzend Kampfschiffe der 7. US-Flotte unterwegs. Mit dabei ist mindestens ein sogenanntes Littoral Combat Ship, das für Operationen im unmittelbaren Küstengebiet gebaut wurde. Für einen Flugzeugträger hat es diesmal aber nicht gereicht, denn die eigentlich in Japan stationierte »USS Ronald Reagan« muss den US-Rückzug aus Afghanistan decken.

Schiffe sind unterdessen allenfalls die sichtbare Bedrohung in der Region. Entscheidend ist die Schlachtordnung, der sie folgen. Und da haben sich die USA offenbar jüngst selbst eine herbe Enttäuschung geschaffen. Bei einem vom Pentagon organisierten Kriegsspiel um Taiwan überrannte das feindliche Team »Rot« die US-Streitkräfte in diesem Gebiet. Einfach, weil die »Roten« das US-Militär in den vergangenen zwei Jahrzehnten genau studiert haben und seine Informationshoheit gleich zu Beginn des Manövers beendeten. Der stellvertretende Vorsitzende der US-Generalstabschefs, General John Hyten, verkündete die Lehre, die man daraus zieht: Die Zusammenlegung von Schiffen, Flugzeugen und anderen Streitkräften zur Konzentration und Verstärkung der Kampfkraft mache sie auch zu einer leichten Beute. Bis 2030, so Hyten, werde man ein neues Konzept umsetzen.

So lange werden weder die »Bayern« noch Annegret Kramp-Karrenbauer im Dienst sein. Wer zuerst ab- oder ausgemustert wird, entscheidet sich bei der Bundestagswahl im September.

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