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Die Große Koalition ist Schuld am Streik
Simon Poelchau über die Auseinandersetzungen zwischen der Lokführergewerkschaft GDL und der Bahn
In den nächsten zwei Tagen werden die Medien wieder voll sein von Klagen gestrandeter Bahnreisender. Wie könne es nur sein, dass eine kleine Berufsgruppe einen so wichtigen Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge einfach lahmlegt, wird der Tenor sein. Der Schuldige wird allen eindeutig klar sein: die Lokführergewerkschaft GDL, die am Dienstag einen zweitägigen Bahnstreik verkündete.
Wer die Schuld für den Streik einfach nur bei der GDL sieht, ist kurzsichtig. Schließlich streikt sie, weil ihre Zukunft bei der Bahn auf des Messers Schneide steht. Und dieses Problem hat sich die GDL nicht allein eingebrockt. Vielmehr war es die Politik, genauer gesagt: die Große Koalition. Die brachte Anfang 2015 das Tarifeinheitsgesetz auf den Weg, das die Bahn jetzt in ihren Betrieben umgesetzt sehen will. Es besagt, dass in Unternehmen jene Tarifverträge gelten, die mit der mitgliederstärksten Gewerkschaft ausgehandelt wurden.
Und da hat die GDL bei der Bahn gegenüber der größeren Konkurrenzgewerkschaft EVG das Nachsehen. Deswegen stellt sie sich jetzt auch auf die Hinterbeine, um möglichst viele neue Mitglieder zu gewinnen, um ihr von der Politik gemachtes Schicksal doch noch abwenden zu können.
Das Tarifeinheitsgesetz hat zum Zweck, kleine, aber streikwillige Gewerkschaften in ihrer Macht zurechtzustutzen. Deswegen klagten nicht nur Spartengewerkschaften wie die GDL oder die Pilotenvereinigung Cockpit seinerzeit vorm Bundesverfassungsgericht gegen das Gesetz. Auch im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) ist das Tarifgesetz, das den großen DGB-Gewerkschaften gegenüber den kleinen Spartengewerkschaften mehr Macht gibt, umstritten. Und deswegen verteidigt die GDL jetzt nicht nur sich selbst, sondern auch das Streikrecht im Allgemeinen.
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