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  • Die 50+1-Regel in der Fußball-Bundesliga

Gute Gründe, schlechte Kunde

In der Fußball-Bundesliga wird wieder über die 50+1-Regel diskutiert

Zu viel Einigkeit kann langweilig sein, auch lähmend. Beides trifft auf die Bundesliga zu. So überrascht es nicht, dass vor dem Saisonstart der Erstligafußballer die Mehrheit der 18 Trainer nur eine Antwort auf die Meisterfrage hat: FC Bayern. Je nach Umfrage sind es mal 14, mal 15. Mit dem zehnten Titel in Folge könnten die Münchner einen Rekord einstellen, den des BFC Dynamo. Auch in der DDR-Oberliga war der Wettbewerb nicht wirklich fair. Die besten Spieler wurden damals aus politischen Gründen zu den weinroten Berlinern geschickt. Im Hier und Jetzt sind Tore und Titel meist Ausdruck wirtschaftlicher Überlegenheit.

»Am Ende wird wieder der FC Bayern vorne stehen«, meint Adi Hütter. Der 51-jährige Trainer empfängt mit seinen Gladbachern an diesem Freitag den Rekordmeister zum Eröffnungsspiel. Hütter hofft auf ein »interessantes Spiel«, er wolle den Gegner ärgern. Angriffslust kling anders. Es ist aber realistisch - angesichts solcher Zahlen: Borussia Mönchengladbach hatte im vergangenen Geschäftsjahr einen Umsatz von 154 Millionen Euro, der FC Bayern 500 Millionen mehr.

Einigkeit herrscht in der Bundesliga auch darüber, dass eine derartige bayerische Dominanz der Attraktivität und dem sportlichen Wettbewerb schadet. Gehandelt wird aber nicht, weil fast kein Klub - je nach Niveau und Anspruch - seinen erkämpften Machtbereich verkleinern will. Auch deshalb klangen die üblichen Kampfansagen an die Münchner aus Dortmund und Leipzig auch diesmal wieder wie verbale Pflichtübungen.

Gerardo Seoane ist neu in der Bundesliga. Vielleicht gehört der 42-jährige Schweizer deshalb zu den wenigen Trainern, die den FC Bayern nicht als Favorit nennen und die die bevorstehende Saison idealistisch angehen. »Es gibt in der Bundesliga so viel Qualität im Spielerbereich und auch bei den Trainern - jeder kann jeden schlagen«, sagte Seoane in der Umfrage des Fachmagazins »Kicker«. Mit den Fußballern der Young Boys Bern hat er es zumindest in den vergangen drei Jahren geschafft, drei Meistertitel zu holen und international zu überraschen. Jetzt ist er bei Bayer Leverkusen gelandet - ein Verein, der eine oft und jüngst wieder stark kritisierte Sonderrolle im deutschen Fußball einnimmt.

»Auch für den Profisport gelten aus guten Gründen die Regeln des Kartellrechts«, teilte Andreas Mundt als Präsident des Bundeskartellamts Ende Mai mit. Die sogenannten guten Gründe sind nicht mehr nur für unverbesserliche Fußballromantiker schlechte Kunde. Die bodenlos zunehmende Kommerzialisierung überschattet und bestimmt den sportlichen Wettbewerb. Deshalb urteilte auch das Bundeskartellamt - über die 50+1-Regel. Dazu aufgefordert wurde es von der Deutschen Fußball-Liga im Sommer 2018, weil der Ligaverband die Rahmenbedingungen für die 26 Profiklubs setzt und in dieser Sache Sicherheit wollte. Denn allzu oft wurde diese Regel attackiert.

»Die 50+1-Regel ist die letzte Bastion, die die demokratischen Mitbestimmungsrechte der Vereinsmitglieder bewahrt und die verhindert, dass allein die wirtschaftlichen Interessen von Investoren über das Schicksal der Lizenzmannschaften entscheiden«, meint Jorn Brauer. Damit hat der Sprecher des bundesweiten Bündnisses ProFans recht. Denn sie wurde 1999 aufgestellt, um laut DFL »bei einer Ausgliederung der Profi-Fußballabteilung in eine Kapitalgesellschaft«, dem Mutterverein die Stimmenmehrheit zu sichern.

Direkt nachdem das Bundeskartellamt Ende Mai »die Grundregel aufgrund der damit verfolgten sportpolitischen Ziele als kartellrechtlich unbedenklich« einschätzte, gingen die Profiklubs wieder aufeinander los. Denn zusätzlich urteilte die Behörde, dass es problematisch sei, »dass die einheitliche Anwendung und Durchsetzung der Regel in ihrer jetzigen Fassung nicht sichergestellt ist«. Das stimmt. Mit Einführung der Regel wurde gleichzeitig die sogenannte »Lex Leverkusen« geschaffen. Weil Bayer den Verein mehr als 20 Jahre in erheblichem Maße gefördert hatte, gehört die Profiabteilung dem Konzern. Gleiches gilt mittlerweile für den VfL Wolfsburg und Volkswagen sowie 1899 Hoffenheim und Dietmar Hopp.

Keine Frage, es ist eine Ungleichbehandlung, die sich auch sportlich manifestiert. Die von VW alimentierten Wolfsburger, bei denen im Schuldenfall einfach der Konzern einspringen kann, wurden 2009 sogar Deutscher Meister. Davor und danach gelang das nur den Bayern und der Aktiengesellschaft Borussia Dortmund. Nach Platz vier in der Vorsaison spielt der VfL jetzt in der lukrativen Champions League. Ähnliches gilt für die Leverkusener, die jahrelang Stammgast im europäischen Fußball waren.

Was die DFL aus den Worten des Bundeskartellamts macht, ist nicht sicher. Selbst eine Einschätzung des Urteils lässt noch auf sich warten. Bis dahin bekriegen sich die Klubs weiterhin. Lautstark sind vor allem die Gegner der 50+1-Regel, die mit mehr Investorengeld mehr sportlichen Erfolg suchen. Sie kämpfen weiterhin gegen die Regel, und jetzt auch verschärft gegen die drei Ausnahmeklubs. Dass der Kampf für mehr Chancengleichheit längst verloren ist, zeigt das junge Fußballkonstrukt in Leipzig. Obwohl zu 100 Prozent in der Hand von Red Bull, gelten die Rasen-Ballsportler nicht mal als Ausnahme.

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