- Brandenburg
- Umweltschutz in der Backstube
Vom Dampfbacken zum Elektroofen
Das Handwerk soll zum Klimaschutz beitragen: Die Bäckerei W. Braune investiert in moderne Technik und stellt auf Ökostrom um
Gegen 12 Uhr kommen an der Friedrich-Ebert-Straße 101 zwei Frauen aus der Tür. »Tschüss«, rufen sie ihrem Chef Werner Gniosdorz zu. »Das sind die Letzten aus der Frühschicht, die um 1 Uhr nachts begonnen hat«, erläutert der Inhaber der Potsdamer Bäckerei W. Braune. 15 Mitarbeiter beschäftigt er, darunter zwei Auszubildende.
Jetzt ist die Backstube leer, während vorn im Laden die Kunden weiter bis draußen Schlangestehen. Das war im Februar, auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie, anders. Es fehlten im sonst so belebten Holländischen Viertel die Touristen, die zum Schlosspark Sanssouci hinüberflanieren. Es fehlten genauso die Stammkunden, die nicht mehr nach der Arbeit gleich noch in der Innenstadt einkauften, sondern den ganzen Tag im Homeoffice saßen und Brot und Brötchen nun dort besorgten, wo sie wohnen.
Gniosdorz nutzte die Gelegenheit, schloss für eine Woche und ließ einen neuen Backofen einbauen. Den zeigt er nun am Freitag Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD), der mit Präsident Robert Wüst von der Handwerkskammer Potsdam vorbeischaut.
»Als ich die Bäckerei im Sommer 1989 übernommen habe, stand hier ein kohlebetriebener Dampfbackofen, Baujahr 1927«, erzählt Werner Gniosdorz. Man denke vielleicht, so ein schönes altes Stück könne man doch nicht wegreißen. »Aber spätestens beim Rauskehren der Asche fragt man sich: Muss das noch sein?« So bestellte der Bäcker 1990 einen Elektrobackofen. Den hat er noch in Ost-Mark bezahlt, die Montage dann schon in West-Mark. Doch was damals modern war, ist es heute nicht mehr. Immer häufiger musste das Teil repariert werden.
»30 Jahre sind eine lange Zeit. Da ist so ein Ofen tot«, wirft Kollege Tobias Exner von der Bäckerei Exner ein, der bei diesem Termin dabei ist. Der neue Elektrobackofen von Gniosdorz ist besser isoliert und lässt sich intelligenter steuern, spart so nach Herstellerangaben 20 Prozent Energie. Und wo er einmal im Schwung war – »wir haben eine Klimadiskussion und so was« – stellte Gniosdorz auch gleich noch auf Ökostrom um. Die Stadtwerke hatten seinen alten Tarif mit günstigem Nachtstrom gekündigt. Zwei Drittel des Stromverbrauchs der Bäckerei entfallen auf die Nachtstunden. Gniosdorz sollte nun den Tagtarif bezahlen. Er suchte sich stattdessen einen Ökostromanbieter, der ihn wieder mit Nachtstrom beliefert.
57 000 Euro investierte die Bäckerei W. Braune in die energetische Modernisierung. Das Ressort von Wirtschaftsminister Steinbach gab 48 000 Euro dazu. An die Fördermittel heranzukommen, war nicht einfach. Die Beantragung ist kompliziert. Ohne die Hilfe der Energieberatung der Handwerkskammer hätte es nicht geklappt. Gnosdorz stöhnt. Nachdem er den Backofen bereits bezahlt hatte, sollte er eine Bescheinigung der Bank einreichen, dass die Finanzierung auch ja gesichert sei.
In Niedersachsen sei alles viel einfacher, berichtet Bäckermeister Tobias Exner. Ein Branchenkollege dort habe nur zwei Stunden gebraucht, die Daten online einzugeben. Nach zwei Tagen seien 98 000 Euro Fördermittel bewilligt worden. »Ich kenne das Thema«, winkt Minister Steinbach ab. »Mir wurde gesagt, das sei hier wie eine Diplomarbeit.« Für die Verzögerungen bei der Antragsbearbeitung – in Brandenburg warten manche Handwerker schon zwei Jahre vergeblich auf einen Bescheid – bittet er um Verständnis. Es sei in der Verwaltung Personal abgezogen worden, um sich um die Coronahilfen zu kümmern.
Oft ist der Fördertopf auch einfach schon leer. Aus dem Programm zur Energieeffizienz, von dem Gniosdorz profitierte, sind in den Jahren 2014 bis 2020 rund 34 Millionen Euro geflossen. Seit die Förderrichtlinie Anfang 2018 verändert wurde, stieß das Programm auf so großes Interesse, »dass das Budget inzwischen überzeichnet ist«, bedauert Minister Steinbach.
Bäckermeister Exner, dessen mittelständische Firma über 31 Standorte in Berlin und Brandenburg verfügt, hatte nach eigenen Angaben keine Möglichkeit, einen Zuschuss für eine neue Ofenanlage zu bekommen. Doch auch in der neuen Förderperiode für die Jahre 2021 bis 2027 möchte sein Haus Maßnahmen zur Energieeffizienz unterstützen, versichert Minister Steinbach. »Denn Energieeffizienz ist ein zentraler Faktor, wenn wir unsere klimapolitischen Ziele erreichen wollen.«
Mit seiner Energiestrategie 2030 hat sich das Bundesland vorgenommen, pro Jahr durchschnittlich 1,1 Prozent beim Energieverbrauch einzusparen. »Industrie und Handwerk müssen handeln – nicht zuletzt im eigenen Interesse«, meint der SPD-Politiker. »Wer seinen Betrieb energetisch modernisiert, senkt seinen Energieverbrauch und damit seine Kosten.«
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