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  • DFB-Auswahl in der WM-Qualifikation

Der Auftrag des Hansi Flick

Mit dem neuen Bundestrainer hofft der DFB auf Erfolge und Wiedergutmachung

An diesem Donnerstag ist es soweit. Mit dem ersten Spiel von Hansi Flick als Bundestrainer sind große Erwartungen verbunden. Nach den vielen sportlichen Enttäuschungen der deutschen Nationalmannschaft in den vergangenen Jahren sollen Erfolgserlebnisse endlich wieder die Stimmung rund um den Deutschen Fußball-Bund (DFB) anheben. Und dafür taugen mittlerweile sogar Namen wie Liechtenstein, Armenien und Island, die in dieser Reihenfolge in den kommenden sieben Tagen als Gegner in der Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2022 in Katar warten.

Zusammenhalt und Freude solle das Team ausstrahlen. Und »lebendig« müsse es auftreten. So lautet der Auftrag von Oliver Bierhoff. Der 53-Jährige gibt ihn als verantwortlicher Direktor der Nationalmannschaften und Präsidiumsmitglied des DFB. Im Rückblick vor dem Neustart vergaß er einiges. Beispielsweise, dass der sportliche Niedergang spätestens nach der Europameisterschaft 2016 seinen Anfang nahm. Auch seine eigene Rolle als Motor der Marketingmaschine, die aus einer Mannschaft das unnahbare Produkt »Die Mannschaft« geformt hat. Vor allem aber verschwieg Bierhoff das Verhalten des Verbandes. Die Skandale des DFB reichen noch weiter zurück als die Erfolglosigkeit seines sportlichen Aushängeschildes. Und in Sachen Aufarbeitung und Reformwillen zeigten sich die starsinnigen Männer der Führungsriege mindestens so resistent wie Joachim Löw in seinen Analysen des Scheiterns. All das zusammen führte zum lange nicht vorstellbaren Verlust von Vertrauen und Interesse – Hansi Flick soll es als oberster Hoffnungsträger zurückgewinnen.

Der neue Bundestrainer darf und kann nur nach vorne schauen. »Das Trainerteam ist voll heiß drauf, mit der Mannschaft zu arbeiten«, sagte Flick in einer der zahlreichen Videobotschaften des DFB. Und es besteht Anlass genug, mit dem 56-Jährigen an der Spitze des Nationalteams, optimistisch in die Zukunft zu blicken. Denn die Aufgabe ist für Flick auch durchaus dankbar. Für den Anfang genügen nach all den Niederschlägen ein paar Siege. Kein anderes Ziel kann es an diesem Donnerstag im schweizerischen St. Gallen gegen Liechtenstein geben. Das gilt ebenso für die Spiele am Sonntag in Stuttgart gegen Armenien und am darauffolgenden Mittwoch in Reykjavik bei den Isländern.

Unterschätzen wird Flick keine der drei Mannschaften. »Sie können alle verteidigen«, meint er. Das hat ein anderer Gegner in Gruppe J Ende März bewiesen: Das 1:2 gegen Nordmazedonien war einer der vielen Tiefpunkte des deutschen Nationalteams. Aber diese Niederlage war – wie viele andere auch – eher das Ergebnis gewachsener Sturheit des Weltmeistertrainers Löw in Bezug auf Spielsystem und Personal. Denn Qualität und Potenzial des Kaders genügen noch immer sehr viel höheren Ansprüchen. Die zielgerichtete Führung ist Flick zuzutrauen. Seine Stärken als Trainer hat schon er als Assistent von Löw beim Aufbau des Nationalteams von 2006 an bis hin zum Titelgewinn bei der WM 2014 bewiesen. Mit dem FC Bayern gewann er in zwei Jahren insgesamt sieben Titel, davon 2020 sechs in einem Jahr – das gelang vorher nur Pep Guardiola mit dem FC Barcelona.

Erfolgreich will Flick auch mit der DFB-Auswahl sein. Konkrete Ziele formulierte er nicht, klare Vorstellungen, wie die Wende zum Besseren gelingen soll, schon. »Ich will eine Mannschaft sehen, die aktiv ist, die den Ball haben will, die den Gegner unter Druck setzt«, sagte der Bundestrainer. Ausgehend von seinem Münchner 4-2-3-1-Erfolgssystem lässt er wieder mit einer Viererkette verteidigen. Höheres Tempo will er überall sehen: im verstärkten Pressing, im vertikalen Offensivspiel, in der deutlich verbesserungsfähigen Rückwärtsbewegung. Es brauche Zeit, das umzusetzen, weiß Flick. Dafür hat er das Team schon seit Sonntag in Stuttgart beisammen, mit dem besonderen Fokus auf die Taktikschulung wird auf dem Platz und in vielen Videositzungen gearbeitet.

Ein alter Bekannter beschrieb seine ersten Erfahrungen mit dem neuen Bundestrainer wie folgt. »Der Leistungsgedanke wird gerade neu geschrieben«, merkte Marco Reus an. Der 32-jährige Dortmunder ist nach seinem EM-Verzicht wieder dabei. Mit seinem Amtsantritt im August hatte Flick allen – auch zuvor aussortierten – Spielern die Tür zum Team wieder geöffnet. Er wolle die beste Nationalmannschaft. Die Zusammenstellung des Kaders wirkt ausgewogen: Auf etablierte Spieler wie Manuel Neuer, Ilkay Gündogan oder Joshua Kimmich treffen einige U21-Europameister, auch drei Neulinge sind dabei. Neben vielen Gesprächen mit Vereinstrainern machen sich Flick und sein neues Trainerteam auch bei Stadionbesuchen ein Bild davon, wer passen könnte. Joachim Löw wurde dessen Abstinenz im Ligaalltag oft vorgeworfen.

Wohin die Veränderungen Flick und das Nationalteam führen, bleibt abzuwarten. Fest steht: Ein Wandel war notwendig. Gleiches gilt für den DFB. Doch der Verband sitzt Probleme wohl lieber aus und setzt vor allem auf sportliche Wiedergutmachung. »Wir wollen die Herzen wiedergewinnen«, sagte Präsidiumsmitglied Bierhoff: »mit erfolgreichem und attraktivem Fußball.«

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