- Wirtschaft und Umwelt
- Arbeitslosigkeit in der Eurozone
Gespaltene Währungsunion
In Italien, Griechenland und Spanien ist jeder dritte junge Mensch ohne Arbeit
Die Arbeitslosigkeit ging im Juli in allen Euro-Ländern weiter zurück. Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote im gemeinsamen Währungsraum lag bei 7,6 Prozent, ein Rückgang gegenüber 7,8 Prozent im Juni und gegenüber 8,4 Prozent im Vorjahresmonat, meldete das europäische Statistikamt Eurostat in Luxemburg am Mittwoch. Gemäß Schätzungen von Eurostat sind im gemeinsamen Währungsraum 12,3 Millionen Männer und Frauen arbeitslos gemeldet.
Seit dem vergangenen Frühjahr erholt sich der sogenannte Arbeitsmarkt tendenziell vom Corona-Schock, wobei der Rückgang der Arbeitslosigkeit zunehmend an Tempo gewonnen hat. Auch in Deutschland. Wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Dienstag in Nürnberg mitteilte, ist die Zahl der Arbeitslosen im August den zweiten Monat in Folge und gegen den üblichen Trend in dieser Jahreszeit gesunken.
Bundesweit waren Mitte August 2,6 Millionen Menschen ohne Job, 12 000 weniger als im Juli und 377 000 weniger als im August 2020. Die Arbeitslosenquote blieb unverändert bei 5,6 Prozent. »Der Arbeitsmarkt hat sich weiter erholt«, sagte der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur, Detlef Scheele. Die Arbeitslosigkeit sei weiter kräftig gesunken, obwohl noch Sommerpause sei. Saisonbereinigt ging die Zahl der Menschen ohne Job um 53 000 zurück. »Das Beschäftigungswachstum gewinnt an Schwung.«
Üblicherweise steigt im Sommer in der Eurozone die Arbeitslosigkeit, zum Beispiel, weil viele Firmen Ferien machen und erst danach wieder neue Mitarbeiter einstellen. Auch melden sich viele Auszubildende, Schulabgänger und Studienabsolventen nach Abschluss ihrer Ausbildung arbeitslos. Für den gegenläufigen Trend sorgen im zweiten Corona-Sommer vor allem Hotels, Gastronomie und die Logistikbranche, die wieder vermehrt Menschen einstellen.
Die Arbeitslosenstatistik wird rechnerisch auch durch die sinkende Zahl der Kurzarbeiter entlastet. Kurzarbeit hatte sich als Alternative zu Entlassungen während der Bewältigung der Corona-Wirtschaftskrise in fast allen Staaten durchgesetzt. Für rund 50 Millionen Beschäftigte hatten Unternehmen in der EU sowie Großbritannien und der Schweiz Ende April 2020 Kurzarbeit beantragt. Dies entspricht einem Viertel aller Beschäftigten, so das Ergebnis einer Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung und des Europäischen Gewerkschaftsinstituts (ETUI) in Brüssel.
Doch während der Anteil der beantragten Kurzarbeit an der Beschäftigtenzahl in Polen und Tschechien unter fünf Prozent lag, betrug er in Deutschland und Großbritannien rund 25 Prozent, in Frankreich und Italien sogar fast 50 Prozent. Entsprechend unterschiedlich wirkt die mittlerweile abnehmende Kurzarbeit auf den Arbeitsmarkt der einzelnen Länder. In der Industrie nahm die Kurzarbeit aufgrund globaler Lieferengpässe bei elektronischen Chips oder chemischen Vorprodukten sogar teilweise wieder zu. Aktuell sind in Deutschland noch über 1,5 Millionen Beschäftigte in Kurzarbeit. In der spitze waren es mal zehn Millionen.
Unter Lieferengpässen beispielsweise bei Holz oder Plastikschläuchen leiden auch Handwerker und kleine Gewerbebetriebe. Bei diesen schlägt sich dieser Mangel allerdings aufgrund der großen Nachfrage nach ihren Leistungen nicht negativ in der Arbeitslosenstatistik nieder. Im Gegenteil besteht ein großer Mangel an Fachkräften. So bleiben in weiten Teilen der Wirtschaft Stellen und Lehrstellen unbesetzt, während Millionen Erwerbslose in Europa einen Job suchen.
Ein besonderes Problem stellte schon vor der Corona-Pandemie die Jugendarbeitslosigkeit dar. Während diese in Deutschland auf vergleichsweise niedrigem Niveau verharrte, wie eine Auswertung des Münchner Ifo-Instituts zeigt, schoss die Arbeitslosigkeit unter jungen Menschen zwischen 15 und 24 Jahren im Durchschnitt der OECD-Länder um über 50 Prozent in die Höhe. Aktuell liegt die Jugendarbeitslosenquote in der Eurozone bei 16,5 Prozent, nach 17,2 Prozent im Juni. Noch dramatischer ist die Situation in Italien, Spanien und Griechenland, dort ist etwa jeder Dritte junge Mensch ohne Job. In diesen drei Ländern ist auch die Erwerbslosigkeit unter Frauen besonders hoch.
»Der Einfluss der Coronakrise auf den Arbeitsmarkt wird kleiner, auch wenn er weiterhin sichtbar ist«, teilte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) mit. Nach Schätzung der Bundesagentur liegt das Niveau der Arbeitslosigkeit in Deutschland noch immer um 261 000 Menschen höher, als es ohne Pandemie der Fall gewesen wäre. Frühestens Ende 2023 werde der Corona-Effekt nicht mehr spürbar sein.
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