Reif für die Insel

Natalja Poklonskaja wird Botschafterin auf den Kapverdischen Inseln

  • Birger Schütz
  • Lesedauer: 2 Min.

Große Augen, ein etwas schüchtern wirkendes Auftreten und eine nagelneue Uniform mit goldbestickten Kragenrändern: Als Natalja Poklonskaja im März 2014 ihre erste große Pressekonferenz gab, sollte sie der Öffentlichkeit eigentlich als neue Oberstaatsanwältin der Krim vorgestellt werden. Doch die Aufmerksamkeit der Netzgemeinde konzentrierte sich vorrangig auf das attraktive Äußere der schlanken Juristin, die bis zur russischen Besetzung der Halbinsel bei der ukrainischen Staatsanwaltschaft arbeitete.

Vor allem im mangavernarrten Japan löste Poklonskaja Begeisterungsstürme aus. Memes und romantisch angehauchte Bilder der schönen Blonden gingen im Netz herum, eine Comic-Serie mit Poklonskaja als Heldin entstand, russische Propagandasender befeuerten den Internet-Hype. Anschließend ging es für die 1980 in der Ostukraine Geborene rasant voran: 2016 wechselte Poklonskaja als Abgeordnete für Einiges Russland in die Duma und übernahm die Leitung der Kommission für die Kontrolle der Einkünfte der Abgeordneten. Doch nur zwei Jahre später setzte eine Abstimmung ihrem steilem Höhenflug ein jähes Ende: Als einziges Mitglied der Regierungsfraktion hatte Poklonskaja gegen die umstrittene Rentenreform votiert. Rücktrittsforderungen wurden laut, Poklonskaja müsse sich entscheiden, forderte Fraktionschef Sergej Newerow.

Schon zuvor hatte die Politikerin der Fraktion mit ihrer exzentrischen Verehrung für Nikolai II. Kopfzerbrechen bereitet. Die 41-Jährige, die sich als orthodoxe Monarchistin sieht, tritt bei jeder sich bietenden Gelegenheit für den letzten russischen Zaren ein, setzte ihm ein Denkmal in Simferopol und löste 2017 eine Hetzkampagne gegen den Film »Matilda« aus, der sich einer außerehelichen Affäre des Herrschers widmet. Anschließend wurde es still um sie. Ende vergangener Woche wurde nun bekannt, dass Poklonskaja in die Diplomatie wechselt: Als Botschafterin auf den Kapverdischen Inseln.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!