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Bündnisse mit Ecken und Kanten
Kurz vor der Bundestagswahl wird über eine Ampel-Koalition und Rot-Rot-Grün diskutiert
Wenn man den aktuellen Umfragen glauben kann, hat sich das Blatt in kurzer Zeit gewendet. Für die Union und ihren Kanzlerkandidaten Armin Laschet geht es nach unten, während sich die SPD mit ihrem Spitzenmann Olaf Scholz berappelt hat. Nach einigen neuen Erhebungen haben die Sozialdemokraten die Konservativen überholt und können sich Hoffnungen machen, erstmals seit 16 Jahren wieder den Bundeskanzler zu stellen.
In dieser Gemengelage wird über neue Koalitionen nach der Wahl am 26. September spekuliert. Große inhaltliche Schnittmengen hat die SPD mit den Grünen. Aber für eine Neuauflage von Rot-Grün wird es mit Sicherheit nicht reichen. Somit könnte es zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik zu einem Dreierbündnis kommen.
Scholz hat deutlich gemacht, dass er gegenüber einer Koalition mit FDP und Grünen nicht abgeneigt ist. Allerdings ist fraglich, mit welchen Versprechungen man die Freien Demokraten in ein solches Bündnis locken könnte. In der »Süddeutschen Zeitung« hat Scholz kürzlich betont, dass die Zusammenarbeit von SPD, FDP und Grünen in Rheinland-Pfalz gut funktioniere. Möglich ist, dass die FDP in einem solchen Bündnis im Bund Subventionen unter bestimmten Bedingungen für Unternehmen angeboten bekommt und im Gegenzug auf Steuersenkungen verzichtet.
Gesprächen würde sich die FDP nach der Bundestagswahl nicht verweigern, wenn die sogenannte Ampel-Koalition eine Option sein sollte. Allerdings gilt dann immer noch der Satz des Parteivorsitzenden Christian Lindner: »Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren.« Diese Haltung hatte letztlich dazu geführt, dass nach der Wahl 2017 die Gespräche von Union, Grünen und FDP über ein gemeinsames Bündnis scheiterten. Die Freien Demokraten hatten den Eindruck, dass sie in dieser Koalition nicht genug durchsetzen können.
Lindner betont regelmäßig, dass eine Koalition mit der Union sein Wunschbündnis sei. Er will aber auch nichts ausschließen. Für ihn stehe jedoch fest, dass es etwa bei den Programmen von SPD und FDP große inhaltliche Unterschiede gebe, betonte Lindner gegenüber dem Fernsehsender Phoenix. Für ihn gibt es zwei Kriterien, die für seine Partei nicht verhandelbar seien. »Mit der FDP wird es keine höheren Steuern geben. Und mit der FDP wird es auch kein Aufweichen der Schuldenbremse geben. Bei diesen beiden Leitplanken beißen sie bei mir auf Granit«, sagte Lindner. Allenfalls bei digitalen Großkonzernen wie Google, Apple, Amazon und Facebook könne er sich steuerliche Veränderungen vorstellen.
Vorbild Linksbündnis in Portugal
Während sich Scholz betont freundlich über die FDP äußert, scheint es zwischen ihm und der Linkspartei Gräben zu geben, die nur schwer zu überbrücken sind. So hat der Finanzminister von der Linken ein Bekenntnis zur Nato gefordert und will nur mit ihr zusammenarbeiten, wenn sie künftig Auslandseinsätzen der Bundeswehr zustimmt. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil war kürzlich nach der Abstimmung im Bundestag zum Evakuierungseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan auf Distanz zur Linkspartei gegangen. Deren Abgeordnete hatten sich mehrheitlich enthalten. Einige Linke-Politiker haben dafür beziehungsweise dagegen gestimmt. »Das zeigt eben auch, dass die Linke beim Thema Außen- und Sicherheitspolitik nicht berechenbar ist«, so Klingbeil im Gespräch mit den Sendern RTL und n-tv. Zu Bedenken ist allerdings auch, dass nach dem Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan ein großes Konfliktthema zwischen der Linken auf der einen und SPD und Grünen auf der anderen Seite abgeräumt worden ist.
Trotz aller Kritik an der Linken wollen weder Scholz noch die Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, ein rot-rot-grünes Bündnis kategorisch ausschließen. Die Union meint, daraus Kapital schlagen zu können. Sie will ihre Wählerschaft mit der Warnung vor einem Mitte-links-Bündnis mobilisieren. Hilfe erhält der bislang unglücklich agierende Armin Laschet von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Viele Menschen fühlen sich wegen des nüchternen Stils von Scholz offensichtlich an die Amtsinhaberin erinnert. Merkel machte nun aber auch Unterschiede zwischen ihr und dem Vizekanzler deutlich. Es bleibe offen, ob ein Ausschluss einer Koalition mit den Linken von Scholz geteilt werde, sagte die CDU-Politikerin kürzlich. »In dem Zusammenhang ist es einfach so, dass da ein gewaltiger Unterschied für die Zukunft Deutschlands zwischen mir und ihm besteht«, erklärte Merkel. Mit Blick auf die Linkspartei ergänzte Laschet: »Es ist keine Spielerei mehr, ob diese Leute mit am Kabinettstisch sitzen oder nicht.«
Einige SPD-Linke wollen sich davon nicht beirren lassen und werben vehement für eine Koalition mit Grünen und Linkspartei. »Die Ableitung aus unserem Zukunftsprogramm lässt ausschließlich ein linkes Reformbündnis zu«, sagte die Bundestagsabgeordnete Hilde Mattheis gegenüber »nd«. Nur in dieser Konstellation könne die SPD möglichst viel von ihrem Programm umsetzen. Als Beispiele nannte Mattheis die von Scholz propagierte Wiederbelebung der Vermögensteuer sowie die Sozial- und Klimapolitik. »Zudem haben wir uns gegen die Privatisierung im Gesundheits- und Pflegebereich positioniert«, sagte die SPD-Politikerin. Nicht nur in diesem Bereich würden die Union und die FDP konträre Ansichten vertreten. »Die Liste der Differenzen zwischen der FDP und unserer Partei ist sehr lang«, fügte die SPD-Politikerin hinzu.
Die unterschiedlichen Haltungen von SPD, Grünen und Linken in der Außenpolitik sind aus der Sicht von Mattheis kein Hindernis für eine gemeinsame Koalition. Als Vorbild nannte sie das Vorgehen des früheren portugiesischen Linksbündnisses. In den Punkten, in denen die portugiesischen Mitte-links-Parteien nicht übereinstimmten, gab es eine Akzeptanzvereinbarung. Das würde auf eine rot-rot-grüne Koalition in Deutschland übertragen bedeuten, dass man sich bei Fragen, in denen es keine Übereinstimmung gibt, im Bundestag andere Mehrheiten sucht.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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