Die Erbschaftsteuer soll reformiert werden, doch das Wie ist unklar

erben im visier

  • Theresa Münch
  • Lesedauer: 3 Min.

8,5 Milliarden Euro nimmt der Fiskus im Jahr mit der Erbschafts- und Schenkungssteuer ein. Das ist weniger als mit der Tabaksteuer. Dabei geht es beim Erben um hohe Beträge. Schätzungen zufolge werden jährlich bis zu 400 Milliarden Euro verschenkt oder vererbt.

Vor der Bundestagswahl wächst der Druck, die Erbschaftsteuer zu verschärfen, denn in der Staatskasse klafft durch die Corona-Krise ein riesiges Loch. Doch das ist nicht der einzige Grund, warum die Parteien in ihren Programmen die Erben ins Visier nehmen.

Nach Angaben des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) geht fast die Hälfte des Erbschafts- und Schenkungsvolumens an die reichsten zehn Prozent der Begünstigten. Die anderen 90 Prozent teilen sich die verbleibende Hälfte. Das kritisieren SPD, Grüne und Linke, die daher in ihren Wahlprogrammen Reformen versprechen. Am konkretesten wird dabei die Linke. »Wir wollen hohe Vermögen und Erbschaften stärker besteuern.« Union und FDP lehnen eine schärfere Erbschaftsteuer ab. Allerdings spürt die Union den Reformdruck und reagiert darauf, dass man über eine breiter gestreute Erbschaftsteuer reden könne.

Die Einnahmen aus Erbschafts- und Schenkungssteuer machten nur 0,52 Prozent des gesamten Steueraufkommens aus - nicht zuletzt wegen großzügiger Steuerbefreiungen, die vor allem den Wohlhabendsten zugute kämen. Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums profitierten 2019 mehr als 90 Prozent (!) aller Erbschaften und Schenkungen im Wert von mehr als 100 Millionen Euro von Steuerbefreiungen.

Eine Steuerbefreiung kann es geben, wenn Betriebsvermögen, landwirtschaftliche Betriebe oder Anteile an Kapitalgesellschaften vererbt werden. Betriebsvermögen können sogar zu 100 Prozent steuerfrei vererbt werden, wenn man den Betrieb über sieben Jahre hält und andere Voraussetzungen (Lohn und Personal) zutreffen.

Generell können in Deutschland beträchtliche Summen ohne einen Cent Steuern vererbt werden. Die meisten Erbschaften und Schenkungen liegen innerhalb von Freibeträgen. So können etwa Ehepartner bis zu 500 000 Euro, die eigenen Kinder bis zu 400 000 Euro steuerfrei erben. Je enger man mit dem Verstorbenen verwandt war, desto höher sind die Freibeträge. Urenkel erben 100 000 Euro steuerfrei, Freunde 20 000 Euro.

Deshalb weiß niemand exakt, wie viel Geld jedes Jahr tatsächlich vererbt oder verschenkt wird. Wer unter den Freibeträgen bleibt, taucht in der Statistik der Finanzbehörden nicht auf. Geschätzt wird, dass jährlich 200 bis 400 Milliarden Euro durch Erbschaften und Schenkungen den Besitzer wechseln.

Die Reformideen greifen vor allem bei der derzeit geltenden Zehnjahresfrist, die es erlaubt, große Summen steuerfrei zu verschenken. So können Mutter und Vater ihrem Kind derzeit alle zehn Jahre zusammen 800 000 Euro steuerfrei übertragen. Nach zehn Jahren zählt das Geschenk nicht mehr als Erbmasse. Wer das rechtzeitig angeht, kann enorme Summen vermachen, ohne den Fiskus zu beteiligen. Ökonomen schlagen deshalb vor, diese Frist abzuschaffen, um große Erbschaften effektiver zu besteuern. dpa/nd

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