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Bayern lässt jetzt Leipzig bluten

Die Münchner bieten zum Spitzenspiel viel Manpower und Knowhow aus Red Bulls Fußballstall auf

Eines wollte der FC Bayern am Donnerstag noch einmal klarstellen. Der Klub schwäche nicht gezielt seine Gegner, meinte Oliver Kahn. Von kraftstrotzender Konkurrenz kann angesichts von neun Münchner Meisterschaften in Folge zwar keine Rede sein. Der Vorstandvorsitzende sagte dies jedoch bei der Vorstellung von Marcel Sabitzer. Der 27-jährige Mittelfeldspieler war der vierte und letzte Neuzugang des Klubs in diesem Sommer. Gekommen war er aus Leipzig – und trug in dieser Saison sogar schon in zwei Bundesligaspielen das Trikot von RB.

Ein wenig geprahlt haben sie an der Säbener Straße dann auch noch. Mit dem Transfer von Sabitzer seien die Münchner nun in allen Mannschaftsteilen so gut aufgestellt, dass man laut Kahn auch international konkurrenzfähig sei. Am kommenden Dienstag können es die Bayern zum Auftakt in der Champions League beim FC Barcelona gleich beweisen. Zuvor aber ruft die Bundesliga. Und da sieht der Spielplan eine Reise ausgerechnet nach Leipzig vor. Dementsprechend »froh« war Sportvorstand Hasan Salihamidzic mit Sabitzer »einen Führungsspieler und ehemaligen Kapitän« des Gegners jetzt in den eigenen Reihen zu wissen.

Den Vorwurf, seine ärgsten Widersacher zu schwächen, kann der FC Bayern allerdings nicht wirklich entkräften. Ob nun der VfB Stuttgart, Werder Bremen, Bayer Leverkusen oder Borussia Dortmund – sie alle haben in der Vergangenheit ähnliche Erfahrungen mit den Münchnern machen müssen. Den Vizemeister aus Leipzig traf es diesmal aber besonders hart. Vor Sabitzer lockte der Rekordmeister in diesem Sommer schon den französischen Verteidiger Dayot Upamecano und Trainer Julian Nagelsmann an die Isar – zusammen für rund 80 Millionen Euro. Und der neue Münchner Chefcoach hat ja auch noch drei Assistenztrainer und einen Sportpsychologen aus der Messestadt mitgebracht. »Wir sind ein attraktiver Klub«, kommentierte Kahn die Wechselflut mit einem schmallippigen Lächeln. Und fast hätte Bayern die Leipziger noch etwas mehr bluten lassen. Auch Mittelfeldspieler Konrad Leimer wurde von den Münchnern kontaktiert.

Diese Aufmerksamkeit hat sich RasenBallsport Leipzig erspielt. Auch wenn erst ein Sieg in bislang zwölf Spielen gegen den FC Bayern gelang, die Kraftverhältnisse im deutschen Fußball hat der Klub mithilfe der reichlich fließenden Red-Bull-Millionen schon verschoben. Zweimal war RB Vizemeister, zuletzt in der vergangenen Saison, und hat in seinen ersten fünf Bundesligajahren 317 Punkte erspielt. Borussia Dortmund kommt in dieser Zeit auf 328, die Münchner auf 404.

Ob die Leipziger in diesem Tempo weiter punkten, ist durchaus fraglich. Für das Spiel an diesem Sonnabend haben sie schon mal die schlechteren Voraussetzungen. Denn Sabitzer hat bei RB noch die Saisonvorbereitung mitgemacht und ein paar »Insiderinfos« mit nach München gebracht, wie er am Donnerstag verriet. Diese wurden sogleich »mit den Videoanalysten und Co-Trainern« besprochen. Aber auch grundsätzlich könnte es die bislang schwierigste Spielzeit für den Emporkömmling in der Bundesliga werden. Drei Spiele, zwei Niederlagen und nur drei Punkte: Schon der schwache Saisonstart könnte ein Indiz dafür sein, dass das Red-Bull-Getriebe nicht mehr ganz so rund läuft.

»Wir haben qualitativ vielleicht den breitesten Kader in der Liga«, meint Jesse Marsch. Für das Saisonziel Champions League, also mindestens Platz vier, scheint das Team ausreichend gut besetzt. Die entscheidende Personalie dürfte jedoch der US-Amerikaner selbst sein. Die Bundesliga und das Red-Bull-Familie kennt der 47-Jährige. Bis 2018 trainierte er drei Jahre lang die Fußballer der New Yorker RB-Filiale. Danach war er eine Saison Assistent von Ralf Rangnick in Leipzig und zog dann weiter nach Salzburg. Aber: Die Arbeit als Nachfolger von Nagelsmann könnte kaum schwerer sein. Der hatte das Team auf ein derart hohes Niveau geführt, dass im Sommer 2020 erst im Halbfinale der Champions League das Aus kam.

Erfolgssysteme sind fragil. In Leipzig ist es mit dem Abgang von Nagelsmann zwangsläufig zerbrochen. Wie hart der Wiederaufbau ist, das haben schon sehr viel erfolgreichere Vereine als RB erleben müssen. Wie schwer der Neuanfang ist, zeigten die Niederlagen gegen Mainz und Wolfsburg. Dem unter Marsch noch laufintensiverem Pressing fehlte natürlich noch etwas Abstimmung, verkam aber streckenweise zum Selbstzweck. Das eigentliche Ziel, den Gegner unter Druck zu setzen und Ballgewinne zu erzwingen, wurde selten erfüllt. Und es kostete viel Kraft und Konzentration – zu viel, um die recht frühen Führungstore der Gegner auszugleichen. Dafür war auch das auf schnelle Pässe in die Tiefe angelegte Offensivspiel zu ausrechenbar. Das 4:0 gegen den VfB Stuttgart zeigte wiederum, wie all das funktionieren kann, wenn der Gegner es zulässt. Dafür ist der FC Bayern aber eher nicht bekannt.

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