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»Bild« gegen 15-jährige Klimaaktivistin

Im Netz wird über den Wahlarena-Auftritt einer jungen Aktivistin gestritten - angestachelt wurde die Sache von der »Bild«

»Lebe so, dass die ›Bild‹-Zeitung was dagegen hat« ist ein durchaus anzustrebendes Motto. So schwer zu befolgen scheint das auch nicht zu sein, angesichts der Aktion, die das Blatt diese Woche auftischte: Anstatt das ewige Rumgerede von Kanzlerkandidat Armin Laschet unter die Lupe zu nehmen, konzentrierte sich das auflagenstärkste Hetz-, äh Boulevardblatt »Bild« nach der Wahlarena am Mittwochabend auf jemand anderes: die 15-jährige Klimaaktivistin Maia Stimming. Die hatte den CDU-Politiker nämlich auf dessen Klimapolitik angesprochen und gefragt, was ihre Generation schon lange wissen will: Wie sieht das sofortige klimapolitische Handeln des*der neuen Kanzler*in aus.

In üblicher Manier titelte »Bild« nun: »ARD schickt Aktivistinnen in die Wahlarena«. Und witterte die ganz große Verschwörung: »Eine ›Aktivistinnen-Agentur‹ hatte die Fragestellerinnen vorbereitet. Deren Chefin gehört laut Verfassungsschutz zur linksextremen Szene.« Gemeint ist Emily Laquer. Die Medienstrategin hat vor Kurzem die »Aktivistinnen-Agentur« gegründet, mit dem Ziel, Aktivist*innen in die Mainstream-Medien zu bringen. Laquer ist Mitglied der Interventionistischen Linken und war während der Blockaden gegen den G20-Gipfel in Hamburg aktiv. Was »Bild« als »linksextreme« Agentur bezeichnet, sind in Wahrheit unter anderem Trainings, in denen sich Interessierte für Medienauftritte schulen lassen können.

»Doch einer Teilnehmerin ging es keineswegs darum, ›Sorgen, Probleme und Anliegen‹ vorzutragen«, glaubt hingegen »Bild«. Die Aktivistin hätte Laschet fertigmachen wollen. Klimawandel und -krise gelten im Springerhaus offenbar nicht als Probleme, über die man sich Sorgen machen sollte, und damit als berechtigte Anliegen. Der »Skandal« ist auch deswegen albern, weil die 15-Jährige lediglich das klimapolitische Versagen Laschets ansprach und als Beispiele das Blockieren des Ausbaus erneuerbarer Energien, die illegale Räumung des Hambacher Forsts und das Kohlekraftwerk Datteln IV nannte, das 2020 noch ans Netz ging. Also alles andere als »linksextrem«, wie wenig später rechte Hetzer auf Twitter wetterten.

Die rechte Bubble fragte schließlich auch, warum die ARD eine »speziell von Linken geschulte« Fragestellerin »auf Laschet losgelassen« habe. Es würde der Glaubwürdigkeit der Sendung schaden, wenn im Publikum nicht nur »normale Bürger« sitzen würden. Selbst der bekannte rechte Autor Don Alphonso ließ den Hetz-Zug nicht einfach an sich vorbeifahren und kommentierte, dass »die mit Zwangsgebühren finanzierte ARD« das doch aufklären solle.

»Das große Ziel sind die Big Four« - Emily Laquer ist selbst Vollblut-Aktivistin. Jetzt hat sie eine Agentur gegründet, mit der sie Aktivistinnen in Zeitungen, ins Radio und in Talkshows bringen will.

Doch Twitter wäre nicht Twitter, wenn sich dort nicht auch unheimlich viele Menschen solidarisieren würden. »CDU und Bild werfen eine 15-jährige Klimaaktivistin dem rechten Mob zum Fraß vor, während sie zu einem Demokratiefeind, der in Thüringen von Nazis unterstützt wird, schweigen. Deutschland 2021«, twitterte Clara Anne Bünger, Linke-Politikerin aus Sachsen, und bezieht sich damit auf das Schweigen bezüglich des Ex-Verfassungsschutzchefs Hans-Georg Maaßen. Und Maura Magni von der »Seebrücke« meint: »Wurde aber auch höchste Zeit Wahlarena. Endlich kommen die Stimmen der Bewegungen von der Straße auf die großen Bühnen! Genug von Talkshows mit weißen Männern in Anzug.« Wiederholt wird betont, dass politisch engagierte Menschen übrigens auch Bürger*innen sind. Und in der Tat: Warum sollten in der Wahlarena nur Menschen sitzen dürfen, die politisch desinteressiert und nicht engagiert sind? Das wäre besonders im Kontext bundesweiter Klimaproteste schlicht kein Querschnitt der Gesellschaft. Und warum sollte sich eine junge Aktivistin auf einen Fernsehauftritt nicht vorbereiten dürfen?

»Dass diese 15-jährige Aktivistin da in der Wahlarena medial trainiert auflief, muss Laschet als große Chancenungleichheit empfunden haben«, witzelt der TV-Autor Micky Beisenherz. Tatsächlich kommt man bei den in der Regel hochprofessionellen Auftritten junger Klimaaktivistinnen nicht umhin zu denken, dass etwas mehr mediales Training Laschet und Co. auch ganz guttun würde.

Laquer selbst beurteilt den Auftritt Stimmings und ihrer Mitstreiter*innen als großartig. »Die Aktivist*innen in der Wahlarena haben mutig und klar die drängenden Krisen von explodierenden Mieten, Klimakatastrophe und rassistischem Terror auf den Punkt gebracht«, sagt sie gegenüber »nd«. Außerdem würden Medientrainings für Aktivistinnen nur Waffengleichheit herstellen, Politiker*innen würden schließlich immer gecoacht. »Und die 'Bild' ist ein unseriöses, bösartiges und gefährliches Hetzblatt für den rechten Rand. Wer von ihr angegriffen wird, hat alles richtig gemacht«, stellt Laquer gegegenüber »nd« klar.

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