Die Bahn als Geiselnehmerin

Die Einigung von GDL und Deutscher Bahn ist kein ewiger Frieden

  • Martin Höfig
  • Lesedauer: 2 Min.

Auch in der Einigung sind die Differenzen unübersehbar. Und das ist gut so. Hier der mit so gut wie jedem Wort an die Sozialpartnerschaft gemahnende Konzernmanager der Deutschen Bahn und dort der konsequent für die Angestellten kämpfende Gewerkschafter. So standen Martin Seiler und Claus Weselsky am Donnerstag zusammen vor den Medienvertretern und stellten das Ergebnis ihres hart verhandelten Tarifabschlusses vor. Dieser wäre ohne die Vermittlung der zwei betont entspannt auftretenden Politiker Stephan Weil (SPD) und Daniel Günther (CDU) nicht so schnell zustande gekommen, die an sie gerichteten Dankesbekundungen sprechen da Bände.

GDL-Chef Claus Weselsky kann sich dafür des Dankes der in der GDL organisierten Eisenbahner*innen sicher sein, für die er immerhin eine Lohnerhöhung von insgesamt 3,3 Prozent und zwei Corona-Prämien herausgeholt hat. Zähneknirschend musste er dafür dem Tarifeinheitsgesetz zustimmen, das er aus tiefstem Herzen ablehnt. Daraus machte er bei der Pressekonferenz keinen Hehl, als er sinngemäß betonte, ein Tariffrieden sei noch lange kein Frieden.

Jemand, der so auftritt, hat es schwer im Land der fleischgewordenen Sozialpartnerschaft. Und so wurde und wird ihm immer wieder vorgeworfen, ein egozentrischer Narr zu sein, der die Gesellschaft für seine eigenen Interessen in Geiselhaft nehme und Schlimmeres. Dabei ist es doch genau umgekehrt: Die, welche vom »Brückenschlag zwischen den Interessen unserer Fahrgäste, unserer Mitarbeitenden und des Unternehmens« palavern wie Bahn-Vorstand Seiler sind doch die wahren Geiselnehmer. Denn sie zwingen etwa mit ihrer Preispolitik der Gesellschaft einen Zustand auf, der letztlich nur ihr eigenes Profitinteresse befriedigt.

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