Bildungspolitik unter Sonstiges

Der Bereich Schule spielt im aktuellen Wahlkampf eine erstaunlich untergeordnete Rolle

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 2 Min.

Wir erinnern uns: Während der Hochphase der Corona-Pandemie schien es zwischenzeitlich kaum ein wichtigeres Thema zu geben als die Bildungspolitik und das beklagenswerte Los der Schülerinnen und Schüler. Die Defizite in Sachen Digitalisierung, die Überbelegung der Klassen, die Überforderung der Lehrkräfte, das irrsinnige Beharren auf Tests und Prüfungen - und nicht zuletzt die Ungleichheit bei den Bildungschancen: Alles zeigte sich stets »wie im Brennglas«.

Verglichen mit der seinerzeitigen Omnipräsenz ist es verblüffend, wie kurz das Thema im aktuellen Wahlkampf kommt. Am Dienstag war das auch zu bewundern in der Wahlarena des RBB. Kurz vor Ende der Sendezeit erinnerte der Moderator die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der Parteien zur Abgeordnetenhauswahl daran, dass man jetzt nach Wohnen, Verkehr, Vivantes und Charité doch bitte zur Bildung kommen müsse. Also wurde kurz durch die letzten 15 Minuten gehetzt: Digitalisierungsschub an die Schulen, pro und contra Lehrkräfteverbeamtung, gemeinsames Lernen von der 1. bis zur 6. Klasse. Punkt und aus. Dass die Bildungspolitik quasi unter Sonstiges abgehandelt wurde, mag auch der Regie der Sendung geschuldet sein. Offensichtlich ist aber, dass das Thema in den Augen der Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer an Strahlkraft verloren hat.

Bei Rot-Rot-Grün kommt erschwerend hinzu, dass es zuletzt immer mehr grundsätzliche Projekte im Schulbereich gab, bei denen sich das Bündnis verhakt hat. Ob Stärkung der Gemeinschaftsschulen, Finanzierung der freien Schulen oder Rekommunalisierung der Schulreinigung - bei all diesen im Kern progressiven Vorhaben heißt es nun: Wiedervorlage in der kommenden Legislatur. Sollten sich die Mehrheiten nach diesem Sonntag gravierend anders verteilen, wird es nicht mal dazu kommen. Dafür gibt es dann ganz sicher den großen Digitalisierungsschub. Bestimmt!

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