Hoffen auf das EU-Kulturerbe-Siegel

Akteure aus dem Oderbruch erwarten in Kürze Entscheidung aus Brüssel über Bewerbung

Es war ein Marathon, den Kulturschaffende und Vertreter vieler Gemeinden vor fünf Jahren begonnen haben. Nun steht der Endspurt an: Eine europäische Jury wird in den nächsten Wochen über die Bewerbung der Oderbruch-Region um das Siegel »Europäisches Kulturerbe« entscheiden. Verliehen wird es von der EU-Kommission. Vor einem Jahr war die vorletzte Etappe des Marsches durch die Institutionen geschafft: Die Kulturministerkonferenz hatte die Mitte des 18. Jahrhunderts durch Trockenlegung eines Binnendeltas der Oder erschaffene Kulturlandschaft als eine von zwei Anwärterinnen auf den Erbestatus nominiert.

Auf den letzten Metern vor der Entscheidung hat das Team des Oderbruchmuseums Altranft, am nordwestlichen Rand der »Badewanne« Oderbruch gelegen, einen knapp siebenminütigen Film produziert, in dem am Projekt Beteiligte über Geschichte, Gegenwart und ihre Vorstellungen von der Zukunft der Region erzählen und ihren Wert als gewaltiges Flächendenkmal für die Aneignung von Natur herausstellen. Da auch europäische Integration ein Kriterium ist, spielt in dem Video auch der grenzüberschreitende Charakter dieser »Landschaftsmaschine«, wie Kenneth Anders, Programmleiter des Oderbruchmuseums, das Bruch nennt, eine tragende Rolle.

Spaß und Verantwortung

Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann

Das Bewerbungsverfahren, finanziert von den Landkreisen Märkisch-Oderland und Barnim und den 24 beteiligten Kommunen, ist auch vom Wunsch nach Aufwertung und Erhalt der Region getragen. Schließlich haben Wirtschaftsforschungsinstitute in den letzten 20 Jahren wiederholt ganz unverhohlen eine »Renaturierung« und Entsiedlung ins Gespräch gebracht. Denn die Aufrechterhaltung der komplexen Entwässerungstechnik kostet viel Geld, und auf wertvolle Böden zur Gemüse-, Getreide- und Zuckerrübenproduktion meint man in Zeiten globaler Verfügbarkeit von Lebensmitteln verzichten zu können. Die Leute vor Ort aber wissen den Wert des mit fast 1000 Quadratkilometern größten besiedelten Flusspolders Europas zu schätzen.

Ebenso prägend für die Region: die seit 250 Jahren anhaltende Zuwanderung von Menschen aus vielen Regionen Europas. Nach der vom Preußenkönig Friedrich II. angeordneten Trockenlegung wurden hier unter anderem aus Frankreich geflüchtete Hugenotten, die gärtnerische und landwirtschaftliche Expertise mitbrachten, und Handwerker aus Böhmen angesiedelt. Heute leben insbesondere auf den für die Gegend typischen Einzelgrundstücken auf freiem Feld, den sogenannten Loose-Gehöften, oft Künstler oder Stadtflüchter.

Das Europäische Kulturerbe-Siegel ist eine Initiative, mit der seit 2013 Kulturerbestätten ausgezeichnet werden, die die europäische Einigung sowie die Ideale und die Geschichte der EU in besonderer Weise symbolisieren und verdeutlichen. In Deutschland tragen es bislang unter anderem die Rathäuser von Osnabrück und Münster sowie das Hambacher Schloss. Mit dem Oderbruch bewirbt sich erstmals eine ganze Region um den Titel.

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