Nur noch eine kleine Chance für die Jamaika-Koalition

Der CDU-Vorsitzende Armin Laschet kann sich noch über Wasser halten. Doch seine Zukunft bleibt ungewiss

Ein rettender Kompromiss stand am Dienstagabend für Armin Laschet auf der Habenseite. Die Fraktion von CDU und CSU im Bundestag hat sich darauf geeinigt, Ralph Brinkhaus nur für ein halbes Jahr zum Fraktionsvorsitzenden zu wählen. Brinkhaus wäre gerne, wie es üblich ist, für ein Jahr gewählt worden. Laschet hätte ihm das Amt gerne nur bis zur Kanzlerwahl überlassen.

Hinter beiden Überlegungen steckt ein gewisses Kalkül. Sollte die CDU in die Opposition müssen, dann ist das Amt des Fraktionsvorsitzenden der mächtigste Posten bei den Christdemokraten. Der Fraktionsvorsitzende darf im Bundestag gegen den Kanzler sprechen, wird zu Talkshows eingeladen, ist die Stimme der Partei. Vor Monaten hatte Armin Laschet gesagt, dass er dieses Amt anstrebe, sollte er bei der Bundestagswahl nicht gewählt werden. Eigentlich kein dummer Schachzug, vor allem nicht, wenn es so eng ist wie derzeit und eine von der Union geführte Regierung nicht ausgeschlossen werden kann.

Aber Laschet musste schwere Vorwürfe hinnehmen. Die Verluste bei der Wahl, die ihm von vielen in CDU und CSU auch persönlich angekreidet werden, haben zu viel Unzufriedenheit in der Unionsfraktion geführt. Rücktrittsforderungen machen die Runde. Und wo nicht vom Rücktritt gesprochen wird, da wird, wie etwa von Gesundheitsminister Jens Spahn, der eigentlich zum »Team« Laschet gehörte, davon gesprochen, dass die Partei sich verjüngen müsse. Spahn gehört neben Norbert Röttgen und Friedrich Merz auch zu den Politikern, denen ein Interesse am Fraktionsvorsitz nachgesagt wird. Hinzu kommt der Chef des Mittelstandsflügels Carsten Linnemann. Dass Laschet Fraktionsvorsitzender werden könnte, gilt mittlerweile als unwahrscheinlich.

Er hält sich weiter am Strohhalm eines Jamaika-Bündnisses fest. Diese Option soll Laschet auch in der Fraktionssitzung am Dienstagabend immer wieder betont haben. Nach seinen Informationen gäbe es bei der FDP ein großes Interesse an »Jamaika«. Auch die Grünen seien nicht abgeneigt, zitierte die »Bild«-Zeitung Laschet aus der Fraktionssitzung. Die Rückmeldungen aus FDP und Grünen auf Laschets Aussage sind gemischt. Während es von der FDP Zeichen zur Gesprächsbereitschaft gibt, sind die Grünen, besonders junge Abgeordnete, doch eher distanziert und haben keine großen Ambitionen, Laschet zum Kanzler zu wählen.

Am Dienstag gab es allerdings Gerüchte, dass sich Markus Söder gerne ins Kanzleramt wählen lassen würde. Der bayerische Ministerpräsident sei von Politikern aus CDU und CSU dazu aufgefordert worden, die Jamaika-Verhandlungen zu führen, hieß es. Söder selbst äußerte sich nicht zu diesen Spekulationen. Anders als Laschet beglückwünschte er die SPD dazu, stärkste Kraft geworden zu sein und erklärte, dass es jetzt erstmal an Olaf Scholz liege, mit FDP und Grünen zu verhandeln. Spätere Verhandlungen der Unionsparteien, möglicherweise unter seiner Führung, schloss Söder allerdings nicht aus.

Für Laschet werden die Chancen geringer, an der Spitze der CDU zu bleiben. Sollte er es nicht schaffen, eine Jamaika-Koalition zu bilden, sind seine Tage gezählt. Wie es dann mit ihm weitergeht, ist offen. Am realistischsten ist wohl die Möglichkeit, dass Laschet als einfacher Abgeordneter in den Bundestag einzieht. Allerdings werden in Nordrhein-Westfalen die Spekulationen lauter, dass er als Ministerpräsident nach Düsseldorf zurückkommen könnte.

Die Frage, wer die CDU an Rhein und Ruhr führen soll, wird erst Ende Oktober entschieden. Keiner von Laschets potenziellen Nachfolgern ist unumstritten oder bringt die formalen Voraussetzungen mit, um Ministerpräsident zu werden. Düsseldorf könnte somit der Notausgang für Laschet werden. Dann müsste sich die CDU allerdings einmal mehr mit der Frage beschäftigen, wer sie führen soll. Spahn, Röttgen und Merz sind in den vergangenen Jahren schon angetreten und bei der Wahl gegen Annegret Kramp-Karrenbauer beziehungsweise Laschet gescheitert. Carsten Linnemann ist nur dem Wirtschaftsflügel verpflichtet. Einen »natürlichen« Nachfolger für Laschet gibt es nicht.

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