Sozialismus als Jugendsünde

Aert van Riel zur Rolle der Jusos bei den Sondierungen

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 2 Min.

Nicht wenige Sozialdemokraten, die in der Partei Karriere machen, waren in ihrer Jugendzeit sehr links. Noch heute erklären die Jusos, dass sie eine sozialistische Gesellschaft anstreben. Doch Menschen ändern sich, wenn sie in Kompromisse eingebunden werden und Annehmlichkeiten schätzen lernen, die bestimmte Positionen und Ämter mit sich bringen. So wird es wohl auch einigen der 49 Jungsozialisten ergehen, die nun für die SPD in den Bundestag eingezogen sind. Die Vorsitzende des Jugendverbands, Jessica Rosenthal, weiß, dass sie mit diesen Abgeordneten eine Hausmacht in der Fraktion hat und der sozialdemokratische Kanzlerkandidat Olaf Scholz nicht einfach über die Interessen und Anliegen der jungen Menschen hinweggehen kann. Deswegen hat sie Scholz nun dazu aufgefordert, den Parteinachwuchs in die Sondierungsgespräche mit Grünen und FDP einzubinden.

Scholz kann der Zusammenarbeit mit den Jusos aber gelassen entgegensehen. Sonderlich radikale Forderungen muss er nämlich nicht befürchten. Die Jungsozialisten wollen nach den Worten ihrer Vorsitzenden noch nicht einmal, dass es bei den Verhandlungen über eine neue Bundesregierung rote Linien gibt. Derzeit ist zu hören, dass sich die Jusos für einen früheren Kohleausstieg einsetzen wollen. Bei diesem Thema muss wohl ohnehin ein Kompromiss mit den Grünen gefunden werden. Das weiß auch Scholz. Hinzu kommt, dass der SPD-Spitzenmann seinen Laden sehr gut kennt. Scholz war früher Marxist und gehörte zu den jungen Sozialdemokraten, welche die Theorie des staatsmonopolistischen Kapitalismus vertraten. Den in der Partei nicht ungewöhnlichen Weg zum eher konservativen Sozialdemokraten hat er schon längst abgeschlossen. Er weiß, dass ihm dabei so manche junge Genossen folgen werden.

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!