Werbung
  • Sport
  • Basketball Alba Berlin

Sogar Freunde machen einem das Leben schwer

Berlins Basketballer verlieren gegen Baskonia Vitoria - weil ehemalige Mitspieler das System von Alba zu gut kennen

Israel González wird sich keine Illusionen von einem Traumstart gemacht haben. So schwer, wie sie jetzt ist, wird er sich seine erste Anstellung als Cheftrainer aber auch nicht vorgestellt haben. Zum einen muss der Coach des deutschen Basketballmeisters Alba Berlin seit Wochen verletzungsbedingt auf fast all seine großen Center unter dem Korb verzichten, was dazu führte, dass vier der ersten sieben Saisonspiele verloren wurden. Am Donnerstagabend kamen dann auch noch eine Menge alte Freunde in die Arena am Ostbahnhof, die jedoch alles daransetzten, ihm das Leben noch beschwerlicher zu machen.

In der Euroleague war Baskonia Vitoria zu Gast, und die finanziell besser ausgestatteten Spanier hatten sich zuletzt derart ausgiebig aus dem Kader der Berliner bedient, dass in ihrer fünfköpfigen Startformation insgesamt vier ehemalige Alba-Spieler standen. Zwei von ihnen - Jayson Granger und Simone Fontecchio - hatten sogar erst vor einem knappen halben Jahr mit Berlin den Meistertitel gewonnen, als González noch Assistenztrainer war. Zum Vergleich: Bei den Berlinern standen beim Anpfiff auch nur zwei Meister der letzten Saison auf dem Feld.

»Baskonia hatte das beste Scouting: Jayson Granger hat seinen Mitspielern ständig zugerufen, welches System wir spielen wollen, und wie man es verteidigt. Dagegen konnte ich nichts machen«, sagte González nach dem Duell mit einem verzweifelten Lachen. Dass sein Team dennoch nur mit 76:80 verloren hatte, musste unter diesen Umständen schon als Erfolg gewertet werden.

Titel wecken Dankbarkeit

Die Fans hatten sich auf das Wiedersehen mit den ehemaligen Mitspielern gefreut. Im Gegensatz zu früher werden sie nicht mehr dafür ausgepfiffen, den Verein verlassen zu haben, denn sie hatten Alba nach langer Durststrecke wieder Titel beschert. So etwas macht dankbar. Also gab es Beifall, als Granger, Fontecchio, Landry Nnoko und Rokas Giedraitis die Halle betraten. Mit dem ersten Anwurf aber endete der Jubel, denn Fontecchio brachte Baskonia mit acht Punkten schnell in Führung, während es Alba dank Grangers Ansagen schwer fiel, selbst freie Würfe herauszuspielen.

Bis zur Halbzeit wurde die Übermacht in Sachen Länge unterm Korb und Wurfsicherheit aus der Distanz so groß, dass beim Stand von 29:52 schon zu fürchten war, dass die Berliner eine weitere Packung einstecken müssten wie Anfang des Monats beim FC Barcelona. Alba war gezwungen, Ein-Mann-Basketball zu spielen, während die Spanier munter durch Berlins Abwehr kombinierten. Normalerweise läuft es andersherum.

Eins jedoch hat Albas Team in diesen Wochen gelernt: Ganz verloren ist ein Spiel erst mit der Schlusssirene. So hatten sie erst am Dienstag gegen das Starensemble von Fenerbahce Istanbul einen Zehn-Punkte-Rückstand noch gedreht. Nun versuchten sie sich an einem noch größeren Basketballwunder: 27 Punkte waren aufzuholen. Und tatsächlich waren es 90 Sekunden vor dem Ende nur noch sechs.

Das Problem: Auf der anderen Seite standen vier ehemalige Berliner, die bei Alba gelernt hatten, wie man Vorsprünge über die Zeit rettet. »Sie kamen stark zurück, ich wusste, dazu ist Alba immer fähig, denn ich hab ja erst vor Kurzem noch hier gespielt«, sagte Granger. »Wir mussten die Nerven behalten.«

Das alte Alba zeigt keine Schwächen

In der Tat trafen Granger und Fontecchio jedes Mal, wenn Berlin ihnen zu nahe kam. Als der Vorsprung auf vier Punkte schmolz, zeigten Granger und Giedraitis auch von der Freiwurflinie keine Schwächen, sodass die Aufholjagd unvollendet blieb. »Wir machen uns das Leben leider selbst schwer, wenn wir in der ersten Halbzeit nicht ordentlich spielen«, zeigte sich Albas Oscar da Silva trotz seiner 15 Punkte enttäuscht. »Wir sehen doch, dass wir eigentlich mit jeder Mannschaft in Europa mithalten können.«

Die Zuschauer waren dennoch begeistert und spendeten minutenlang Applaus. War ja auch ein schöner Abend - wie auch immer es die Fans betrachten mochten: Das neue Alba hatte in der zweiten Hälfte eine tolle Show geboten, und das alte Alba das Spiel für sich entschieden. Im falschen Trikot zwar - aber wer nimmt das schon so genau?

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -