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Frei, aber krank
Der kasachische Dissident Aron Atabek wird aus dem Gefängnis entlassen.
Die Wangen sind blass und von scharfen Furchen durchzogen, der Bauch so tief einfallen, dass sich unter der Haut deutlich einzelne Rippenbögen abzeichnen, die abgemagerten Arme erinnern an Aufnahmen von Überlebenden eines Konzentrationslagers: So sieht das Foto von Aron Atabek aus, das in Kasachstans sozialen Medien derzeit für Entsetzen und Empörung sorgt. Der am längsten einsitzende politische Häftling des zentralasiatischen Landes wurde Anfang Oktober überraschend nach Hause entlassen – nach mehr als 15 Jahren im Gefängnis. Die drei verbliebenen Jahre seiner Strafe wandelte ein Gericht in ein »Jahr mit Freiheitsbeschränkungen« um. Zuvor hatte sich der Gesundheitszustand des 68-jährigen Dichters, dessen Freilassung der internationale Schriftstellerverband PEN seit Jahren fordert, rapide verschlechtert. Atabek magerte in der Haft 35 Kilo ab und entwickelte Herzprobleme und Diabetes. Nach eigenen Angaben wurden zudem Arme, Beine und Finger gebrochen, bei einem Sturz im Gefängnis soll er sich ein Loch im Kopf zugezogen haben. Zuletzt war der Aktivist so geschwächt, dass er kaum einen Löffel halten konnte.
Verurteilt wurde der Dissident, der zu Sowjetzeiten gegen die kommunistische Partei anschrieb und nach Kasachstans Unabhängigkeit den autoritären Ex-Präsidenten Nursultan Nasarbajew kritisierte, im Jahr 2006. Damals rückten in Schanyrak, einem Vorort der Großstadt Almaty, Bagger und Bulldozer an, um illegal errichtete Unterkünfte von Tagelöhner abzureißen. Die Bewohner wehrten sich mit Gewalt, ein Polizist wurde mit Benzin übergossen und angezündet. Die Behörden beschuldigten Atabek daraufhin, den Widerstand organisiert zu haben und verurteilten ihn zu 18 Jahren Gefängnis. Das Urteil gilt als politisch motiviert. Aron Atabek beteuert seine Unschuld, reichte nie einen Gnadengesuch ein und besteht bis heute auf der Aufhebung des Urteils. Nun will er zu Kräften kommen – und vor Gericht ziehen.
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