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Ein Außenseiter gegen Viktor Orbán
Ungarns Opposition schickt Péter Márky-Zay als Spitzenkandidaten bei den Parlamentswahlen ins Rennen
Péter Márky-Zay ist der gemeinsame Kandidat der ungarischen Opposition bei den Parlamentswahlen im kommenden Frühjahr. Dies ist das Ergebnis einer von den Oppositionsparteien organisierten Vorwahl am vergangenen Wochenende. Der konservative Politiker gewann das Votum mit 56 Prozent der abgegebenen Stimmen. Er setzte sich in einer Stichwahl gegen die sozialdemokratische Europaabgeordnete Klára Dobrev durch – die Ehefrau des unbeliebten Ex-Premiers Ferenc Gyurcsány. Ein Linker ist Márky-Zay indes nicht. Dennoch setzen sowohl die Linken als auch die Rechten der Opposition darauf, dass er die korrupte und autoritäre Regierung von Viktor Orbán stürzen kann. Márky-Zay gilt als unbestechlich und stellt sich dem autoritären Machtapparat nun als Außenseiter entgegen.
Der 49-Jährige ist seit drei Jahren Bürgermeister der südungarischen Stadt Hódmezövásárhely. Diese Hochburg der Regierungspartei Fidesz konnte MZP, wie er in ungarischen Medien genannt wird, als unabhängiger Kandidat gewinnen. Seither gilt er als einer der Hoffnungsträger im Kampf gegen den rechtsnationalen Ministerpräsidenten. Der Vater von sieben Kindern tritt als überzeugter Christ und Konservativer gegen Viktor Orbán an. Obwohl er selbst bis 2010 Fidesz-Wähler gewesen sei, wende er sich nun entschieden gegen die Partei, erklärte er »nd« telefonisch aus dem Wahlkampfmobil. Er betrachte die konservative Europäische Volkspartei, zu der auch die CDU gehört, als Vorbild. Die Fidesz sei in seinen Augen längst eine rechtsradikale und extrem korrupte Regimepartei geworden.
Dass sich die Oppositionsparteien hinter Márky-Zay versammeln, zeigt, dass das politische System nun nicht mehr zwischen Links und Rechts geteilt ist, wie dies in den vergangenen 30 Jahren war. Es gilt die Devise: Alle gegen Orbán. Diesen Ansatz teilen die Sozialistische Partei, kleine grüne Parteien und Liberale ebenso wie der frisch gewählte Spitzenkandidat und sogar die ehemals rechtsradikale Jobbik-Partei, die sich seit einigen Jahren moderat gibt. Allerdings begrüßen nicht alle den neuen Zusammenhalt: Der bekannteste linke Intellektuelle Ungarns, Tamás Gáspár Miklós, beklagte im linken Nachrichtenportal Mérce das Fehlen einer linken Alternative. Zur Wahl stünden nur rechte Kandidaten, bedauerte er.
In der Opposition traf diese Kritik nur auf wenig Zustimmung: Es gehe nicht nur um einen Regierungswechsel, sondern um einen Regimewechsel, so die überwiegende Haltung. Als Orbáns Fidesz im Jahr 2010 mit einer Zweidrittelmehrheit an die Regierung kam, führte die Partei ein neues politökonomisches System ein. Dieses basiert auf einer neuen Verfassung, die sich als christlich-nationalistisches Weltanschauungspamphlet liest und im Geheimen erarbeitet und allein von der Fidesz im Parlament beschlossen wurde. Diese Verfassung ist auch die Grundlage für eine umfassende Kaderpolitik, die dafür sorgt, dass die Eliten des Staates in Verwaltung, Kultur, Medien und Staatsunternehmen von Orbán persönlich bestimmt werden. Die Kader müssen keinen Regierungswechsel fürchten, da die Verfassung vorsieht, dass sie von Zweidrittelmehrheiten für bis zu neun Jahren ernannt werden – was weit über eine Legislaturperiode hinausgeht.
Mit Hilfe öffentlicher Aufträge hat Orbáns Familie große Reichtümer angehäuft. So lässt Orbáns Vater mit Hilfe staatlicher Gelder den Landsitz des letzten österreichischen Statthalters von Ungarn für seine Familie als Privatwohnsitz herrichten. Besäße Ungarn eine unabhängige Staatsanwaltschaft wie Österreich, hätte Orbán genau wie Sebastian Kurz schon lange zurücktreten müssen. Doch der ungarische Generalstaatsanwalt Péter Polt gilt als Orbáns Vertrauter und auch seine Amtszeit reicht weit über die Wahl im nächsten Jahr hinaus. Der ungarische Soziologe Bálint Magyar spricht wegen dieser Verflechtungen längst von Ungarn als Mafia-Staat mit Orbán als Paten an der Spitze.
Sollte Péter Márky-Zay im April tatsächlich die Wahl gewinnen, will er die »Diebe bei Fidesz verfolgen« – nicht aber die Partei an sich. Mit dieser habe er keine Probleme, teilte er »nd« mit. Außerdem möchte er die Verfassung zumindest in Teilen für ungültig erklären. Er sehe keine andere Wahl und könne anders nicht regieren. Zudem beruft er sich darauf, dass selbst die von der Fidesz geänderte Verfassung ausdrücklich verbiete, eine Alleinherrschaft zu errichten. Diesen Passus möchte er nun gegen Bestimmungen der Verfassung selbst richten. Was politisch folgerichtig klingt, ist juristisch waghalsig, zumal auch das Verfassungsgericht längst mit Fidesz-Richtern besetzt ist. Der Parlamentspräsident László Kövér, seines Zeichens Fidesz-Gründungsmitglied, drohte unlängst jedem mit Gefängnis, der den Versuch unternehme, die verfassungsmäßige Ordnung zu stürzen. Die Einsätze sind also hoch bei den Wahlen im Frühling.
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