Viele fordern viel Geld

Die IG Metall ruft zu einem Aktionstag für eine Investitionsoffensive auf

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 4 Min.

Am Freitag werden alle da sein: SPD-Co-Chef Norbert Walter-Borjans kommt, Noch-Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner und Linke-Fraktionsvorsitzende Amira Mohamed Ali auch. Sogar jemand von der CDU, der Bundestagsabgeordnete, Thomas Heilmann, kommt, und von der FDP ist der Vizevorsitzende Johannes Vogel zumindest angefragt. Sie alle folgen der Einladung zum »politischen Frühstück« im Berliner Regierungsviertel mit IG-Metall-Chef Jörg Hofmann im Berliner Regierungsviertel.

Die Aktion in der Hauptstadt, zu der 900 Gewerkschafter*innen erwartet werden, ist Teil eines Aktionstages der IG Metall. Unter dem Motto »FairWandel - sozial, ökologisch, demokratisch« ruft die Industriegewerkschaft ihre Mitglieder auf, zu Aktionen in mehr als 50 Städten auf die Straße zu gehen. Die mit knapp 2,3 Millionen Mitgliedern größte deutsche Gewerkschaft will so Druck auf die künftigen Regierungsparteien machen, damit sie bei ihren Koalitionsverhandlungen möglichst viel in ihrem Sinne beschließen. Ganz oben auf der Wunschliste steht ein großes Investitionsprogramm. 500 Milliarden Euro bis 2030 fordert die IG Metall diesbezüglich.

»Wir stecken mitten in der Transformation unserer Industrien. Wir brauchen jetzt hohe Investitionen, zukunftssicheren Umbau von Geschäftsmodellen und den Ausbau erneuerbarer Energien«, begründete Hofmann vor einigen Tagen seine Forderung, dass die neue Bundesregierung ihren Ankündigungen »schnell Taten folgen lassen« muss. »Damit Deutschland auch in Zukunft Industrieland bleibt. Davon hängen Hunderttausende Arbeitsplätze in diesem Land ab«, so Hofmann.

Investitionen in Höhe von einer halben Billion Euro für die Energiewende und die Standortsicherung hören sich zwar nach einer sehr großen Forderung an, die IG Metall hat dafür aber auch eine breite Allianz hinter sich. Sie wird nicht nur auch vom Rest des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) mitgetragen. Mehr oder weniger dieselbe Summe wollen auch die Grünen und die SPD in die Hand nehmen.

Die Industriegewerkschaft hat zum Beispiel auch den Umweltverband BUND auf ihrer Seite. So veröffentlichten beide Ende vergangener Woche ein gemeinsames Forderungspapier bezüglich einer zügigen Mobilitäts- und Energiewende. Dies ist allein deshalb schon beachtlich, da das Verhältnis zwischen der IG Metall und den Umweltverbänden lange Zeit als eher distanziert galt. Doch da es nun um die Förderung neuer, klimaschonender Technologien geht, trifft man sich wieder. So rief die IG Metall bereits 2019 ihre Mitglieder auf, für einen sozialen und ökologischen Umbau der Industrie auf die Straße zu gehen.

»Für eine nachhaltige Verbesserung der Situation müssen die Fahrzeuge auf emissionsfreie Antriebe umgestellt werden«, heißt es in ihrem gemeinsamen Papier. Im Personenverkehr sei die direkte Elektrifizierung die effiziente Alternative zum Verbrennungsmotor, hier brauche es vor allem einen Ausbau der Ladeinfrastruktur und Investitionen für Batteriezellen.

Solche Forderungen werden auch im Arbeitgeberlager erhoben. So sorgte vor einiger Zeit VW-Chef Herbert Diess für Aufmerksamkeit, als er als wichtigster deutscher Automanager auf Twitter verlautbarte, dass nur spürbare Maßnahmen die Dekarbonisierung voranbringen würden, und er ein Ende von Subventionen für fossile Kraftstoffe forderte. Doch wenn VW seine Produktion auf Elektromobilität umstellt, dann bringt ein Ausbau der Ladeinfrastruktur auf Kosten des Staates auch Diess etwas. So fordert auch der VW-Chef verpflichtende Ziele fürs Schnellladen und das Beibehalten der Kaufprämie für Elektrofahrzeuge.

Folglich wundert es nicht, wenn auch der Industrieverband BDI die Hände aufhält und eine Investitionsoffensive fordert. In der Industrie sei »viel mehr öffentliche Anschubförderung nötig«, schreibt der BDI in einer Studie. Mehr als in allen anderen Sektoren seien die benötigten Technologien zur Emissionsreduktion Stand heute in der Industrie nicht wettbewerbsfähig. Insgesamt rechnet der BDI mit einem Investitionsbedarf von 860 Milliarden Euro bis 2030. Da gehen BDI und IG Metall auch mal zusammen auf die Politik zu, um gemeinsam Geld zu fordern. Denn was auf der einen Seite den Wirtschaftsstandort sichert, das erhält auf der anderen Seite auch Arbeitsplätze.

Wenn das alles noch im Sinne des Klimaschutzes ist, dann hat man auch noch die Umweltverbände auf seiner Seite. Insofern fordert die IG Metall zwar viel Geld, hat aber dafür auch viele Akteure auf ihrer Seite.

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