Berlinovo beauftragt Deutsche Wohnen

Mieter kommunalisierter Bestände werden noch bis 2023 den gleichen Verwalter haben

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Für Mieter von Deutsche Wohnen im Falkenhagener Feld in Spandau sowie im Marzahn-Hellersdorfer Wohngebiet Kaulsdorf-Nord wird sich trotz der Kommunalisierung zum 1. Januar 2022 erst mal nichts ändern. Die rund 3900 Wohnungen werden weiterhin vom inzwischen von Vonovia mehrheitlich übernommenen Konzern verwaltet.

»Die Deutsche Wohnen wird sie für ein Jahr weiter in unserem Auftrag verwalten«, sagt Ulrich Kaliner zu »nd«. Er ist Sprecher von Berlinovo, dem aus den Immobilienfonds der Bankgesellschaft Berlin hervorgegangenen Immobilienunternehmen, das zu fast 100 Prozent dem Land Berlin gehört. Begründet wird dieser Schritt mit dem zunächst notwendigen Aufbau von eigenen Kapazitäten für die Betreuung dieser Bestände.

Marcel Eupen, erster Vorsitzender des Alternativen Mieter- und Verbraucherschutzbunds aus Spandau, erzürnt das. »Der Umstand, dass sich die Berlinovo zurzeit personalbedingt und organisatorisch nicht imstande sieht, die erworbenen Objekte selbst zu verwalten, sondern vorübergehend die Verwaltung bei der Deutsche Wohnen belässt, zeigt, dass der Deal übereilt über die Bühne gegangen ist«, sagt er zu »nd«. »Anstatt sich zunächst ein Vorkaufsrecht zu sichern, wie es gerade die Vonovia oder die LEG bei der Adler Group getan haben, um danach in Ruhe zu prüfen und für die organisatorischen Strukturen zu sorgen, wurde übereilt gekauft«, so Eupen weiter.

Auch die Grünen-Wohnungspolitikerin Katrin Schmidberger spricht von einem »politischen Schnellschuss«. »Es kann nicht sein, dass man den Leuten sagt, dass sie nun rekommunalisiert und in Sicherheit sind und die Verwaltung unter Deutsche Wohnen läuft einfach ein Jahr weiter wie bisher«, sagt sie zu »nd«. Eine Information vorab an die Mieter wäre das Mindeste, erklärt Schmidberger. »Schließlich hat das beispielsweise bei der Art, wie mit Betriebskosten umgegangen wird, direkte Auswirkungen auf die Mieter«, so die Politikerin.

Insgesamt haben Deutsche Wohnen und Vonovia in einem wenige Tage vor der Abgeordnetenhauswahl am 26. September abgeschlossenen Deal knapp 15.000 Wohnungen für 2,46 Milliarden Euro an das Land verkauft. Weil die maßgeblich von Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) kontrollierten Gesellschaften den Kauf über Kredite und nicht über Haushaltsmittel finanzieren, hatten die Abgeordnetenhausmitglieder bei der ganzen Transaktion kein Mitspracherecht.

Rund 2500 Wohnungen des Pakets hat die landeseigene Degewo gekauft, etwa 8300 die Howoge. Beide erklären auf nd-Anfrage, dass sie sofort mit dem Übergang der Liegenschaften die Bestände selbst verwalten werden.

»Es ist ein absolutes No-Go, dass der Senat auf der einen Seite den Auftrag hat, ein rechtssicheres Gesetz zu erlassen mit dem Ziel, die Deutsche Wohnen zu enteignen und zum anderen die Berlinovo als landeseigene Wohnungsbaugesellschaft ihre erworbenen Objekte vorübergehend durch die Deutsche Wohnen als Dienstleisterin verwalten lässt«, sagt Marcel Eupen. Dies führe zu einem unerträglichen Interessenkonflikt. »Die Berlinovo muss den Verwaltervertrag mit der Deutsche Wohnen umgehend beenden«, fordert Eupen.

In der SPD regt sich derweil Widerstand gegen die sehr offenen Formulierungen im Sondierungspapier der Koalitionsverhandlungen mit Grünen und Linke zum Umgang mit dem Volksentscheid der Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen. Die Kreisverbände Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg fordern eine Umsetzung innerhalb eines Jahres. »Die Stimmen von mehr als einer Million Menschen müssen respektiert werden. Es freut uns sehr, dass sich diese Erkenntnis auch in der SPD offenbar immer mehr durchsetzt«, erklärt dazu Carmel Fuhg, eine Sprecherin der Initiative.

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