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Unterricht für alle fällt noch zu oft aus
Landesbehindertenbeauftragte bedauert, dass sich Eltern für ihr Kind eine Förderschule auswählen
16 behinderte Schüler lernen an der Grundschule Brück (Potsdam-Mittelmark), darunter zwei Hörbehinderte. Könnten sie nicht diese ganz normale Grundschule besuchen, müssten sie täglich mit dem Fahrdienst in eine Spezialschule ins 50 Kilometer entfernte Potsdam gebracht werden oder ins Internat gesteckt werden. »Das wollen Eltern für Sechsjährige in der Regel nicht«, sagt Schulleiterin Kerstin Schindler am Donnerstag beim Gespräch zum Thema gemeinsames Lernen im Bildungsausschuss des Landtags.
Schindler begrüßt, dass es oft nicht mehr notwendig ist, den Schülern mit Förderbedarf ein Etikett zu verpassen, weil die Grundschule pauschal ein Budget zusätzlicher Stunden für sie hat. Denn wozu diene das Verfahren zur Feststellung eines Förderbedarfs eigentlich? Herauszufinden, welche Schule das Kind besuchen soll (»Das ist klar, es lernt bei uns.«) und welche Förderung es zugestanden bekommt (»Wir haben die Stunden sowieso.«). Ein Problem gibt es aber: Für 10 000 Kinder stehe nur eine Schulpsychologin zur Verfügung. Mit der arbeite die Grundschule von Kerstin Schindler gut zusammen, muss jedoch quasi »Sammelbestellungen« machen, wie die Schulleiterin sagt. »Für ein Kind kommt die nicht.« Die Psychologin müsste entlastet werden.
Das findet auch Hans-Dirk Lenius, Leiter der ebenfalls in Potsdam-Mittelmark gelegenen Heinrich-Julius-Bruns Schule von Lehnin. Für knapp 900 Schüler der Klassen 1 bis 13 hat er 100 Kollegen, darunter sieben Sonderpädagoginnen und zwei Schulsozialarbeiter. Aber es gibt nur die eine Schulpsychologin im Landkreis. Das sei zu wenig.
Wie ihrer Ansicht nach behinderte Kinder im Regelschulsystem auch ohne eine große Anzahl speziell ausgebildeter Fachkräfte eine Chance bekommen können, sagt Lehrerin Susan Langer. Sie illustriert das im Bildungsausschuss am Beispiel ihrer staatlichen Montessori-Schule Potsdam. 500 Schüler lernen dort in den Klassen 1 bis 10. Angefangen habe man 1991 mit vier Kindern mit Förderbedarf. Es habe großen Widerstand der Eltern und Vorbehalte der Lehrer gegeben. Heute seien es 47 Kinder »und alle sind willkommen«. Dabei gebe es für diese 47 Kinder lediglich eine Sonderpädagogin und zehn Schulbegleiterinnen. »Wir stemmen es in unserem Kollegium mit unserer Haltung und unserem Wertesystem«, betont Langer. Dabei sei das 1961 errichtete Schulgebäude, dass jetzt erst saniert werden solle, nicht ideal dafür. »Wir haben sehr kleine Räume und machen es dennoch.« 2007 erhielt die Montessori-Schule den deutschen Schulpreis der Robert-Bosch-Stiftung. Die Inklusion sei vollständig gelungen, wenn man den Begriff nicht mehr benötige, meint Langer.
Das Land Brandenburg habe sich dagegen entschieden, die Förderschulen langfristig aufzulösen und die Zöglinge ins Regelschulsystem einzugliedern, bedauert die Landesbehindertenbeauftragte Janny Armbruster. Denn Eltern dürften wählen, ob sie ihr behindertes Kind auf eine Förderschule schicken - und denken oft, dort sei es besser aufgehoben. »Dafür gibt es Gründe. Darüber müssen wir diskutieren«, findet Armbruster. Sie glaubt persönlich, den Kindern würde es in einer für die Inklusion fit gemachten Regelschule besser gehen.
Susanne Meffert erinnert sich, wie 2011 der Plan gefasst wurde, die 47 märkischen Förderschulen für Kinder mit Lernschwierigkeiten bis zum Jahr 2019 aufzuheben. Die Vizevorsitzende des Landesbehindertenbeirats fragte damals die Bildungsministerin, was mit den übrigen Förderschulen sei. Sie habe zur Antwort bekommen, sagt Meffert, diese kämen später dran. »Jetzt wäre das System damit überfordert.«
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