Todesfall »nicht medienrelevant«

Die Staatsanwaltschaft Wuppertal hielt Tod in Polizeigewahrsam für nicht berichtenswert

In Wuppertal ist ein 24-jähriger griechischstämmiger Mann in Polizeigewahrsam gestorben. Der Todesfall ereignete sich schon am frühen Morgen des 1. November. Auf Nachfrage des »nd« schildert die Staatsanwaltschaft, was sich ereignet haben soll. Ein Taxifahrer habe in den frühen Morgenstunden die Polizei gerufen, weil sich zwei ehemalige Fahrgäste über die Straße »gewälzt« haben sollen. Die eingetroffene Polizei habe einen »hoch aggressiven« Mann und seine Schwester vorgefunden. Der Mann sei überwältigt und in Polizeigewahrsam gebracht worden. Dort habe er sich, nachdem ihm die Handschellen abgenommen wurden, wieder aggressiv gezeigt. Ein Polizeiarzt habe dann eine Blutprobe genommen. Unmittelbar danach habe der Mann einen Kreislaufzusammenbruch erlitten. Wiederbelebungsversuche durch den Polizeiarzt und den hinzugerufenen Rettungsdienst seien erfolglos gewesen. Der Mann ist verstorben. Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin ein Todesermittlungsverfahren ein.

Die Wuppertaler Öffentlichkeit erfuhr nichts von dem Vorfall in Polizeigewahrsam. Das geschah erst am Samstag, und zwar über erstaunliche Umwege. Auf dem Athener Ableger der linken Nachrichtenplattform Indymedia erschienen ein kurzer Text und ein Video. In dem verwackelten Video ist nur zu erahnen, dass mehrere Polizisten versuchen, einen am Boden liegenden Mann zu fixieren. Die filmende Person beschwert sich bitterlich über die Festnahme und fängt an zu weinen. Sie ruft, dass der am Boden Liegende ein Kind sei. Die Polizisten fordern sie auf, Abstand zu halten, die Kamera ihres Telefons auszuschalten und ihnen ihren Ausweis zu geben. In dem kurzen Text bei Indymedia werden Vorwürfe gegen die Polizei erhoben. Es gebe kein forensisches Gutachten, den Angehörigen sei nicht erlaubt worden, die Leiche zu sehen. Über den Kurnachrichtendienst Twitter erreichte das Video am Samstagabend auch die Öffentlichkeit in Deutschland.

Gegenüber dem »nd« erklärt die Staatsanwaltschaft Wuppertal am Sonntagmorgen, dass es inzwischen eine Obduktion gegeben hat. Diese habe keine Hinweise darauf gegeben, dass das Verhalten der Polizei mit dem Tod des jungen Mannes zusammenhänge. Man warte noch ein toxikologisches Gutachten ab, da es Hinweise darauf gebe, dass der Mann in der Nacht Drogen konsumiert habe. Mit den Ermittlungen habe die Staatsanwaltschaft aus Neutralitätsgründen die Polizei Hagen beauftragt. Auf die Frage, warum der Todesfall in Polizeigewahrsam nicht öffentlich gemacht wurde, erklärte der Staatsanwalt, man habe einen »internistischen Notfall« mit Todesfolge nicht für »medienrelevant« gehalten.

Im Internet ist die Wut nach dem Todesfall groß. Seit 1990 zählt die Kampagne »Death in Custody« 199 Todesfälle von People of Color und von Rassismus betroffenen Personen. Gegenüber dem »nd« erklärte »Death in Custody«, dass »ein großer Teil des Polizeiproblems darin besteht, dass Fehlverhalten und etwaige Verbrechen vertuscht, Angehörige und die Öffentlichkeit nicht informiert werden«. Das sei auch in Wuppertal zu vermuten. Die Aussagen zu Drogenkonsum kriminalisierten den Toten im Nachhinein. Das sei ein übliches Muster.

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