Hartes Herz, zynisch herzlos

Stephan Fischer zur Lage an der EU-Außengrenze Polen - Belarus

  • Stephan Fischer
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Haltung der polnischen Regierung angesichts der Lage der Migranten hinter der Grenze zu Belarus scheint hartherzig. Ist sie auch, weil sie Nothilfe verhindert. Aber geht das gut: Grenze auf, Migranten rein, niemand müsste mehr frieren und weinen?

Und morgen dann die nächsten? Und übermorgen? Eine Grenzöffnung würde das Problem der Erpressung Lukashenkos nicht lösen, im Gegenteil. Und im doppelten Sinne gefragt: Warum bietet Belarus denn »Schutzsuchenden« keinen Schutz? Polens Haltung wirkt hartherzig. Doch der Schutz der Grenze ist eine grundlegende Staatsaufgabe, die meisten Bürger möchten sich darauf verlassen. Ein Staat, der seine Grenzen nicht kontrollieren kann oder will, gibt grundlegend Souveränität auf. Polens Regierung will das nicht, hat das immer kommuniziert. Hart, aber ehrlich.

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Die Position der EU-Institutionen und auch Deutschlands ist dagegen zynisch: Eigentlich will man mit immer höheren Zäunen oder Mauern abschrecken - die aber keine schlimmen Bilder produzieren sollen! Diejenigen, die es hinüberschaffen - und wer sollte das in der Masse anderes sein als fitte, junge, alleinreisende Männer, denen Erfahrungen aus Gewaltgesellschaften bei der Flucht helfen, die in der Ankunftsgesellschaft jedoch teils verheerend wirken - dürfen dann in elend langen Verfahren bleiben. Versorgt, mehr nicht. Eine Chance zur Integration durch Arbeit haben oder bekommen die meisten nicht. Migration, Flucht, Asyl, Einwanderung: alles wird in einen Topf geworfen, umgerührt wird es niemanden gerecht. Frust bei Bevölkerung und Migranten steigt, entlädt sich beiderseits in Ressentiment, Verachtung und manchmal Hass, weil kaum eine Hoffnung auf beiden Seiten erfüllt werden kann. Polens Reaktion an der Grenze zu Belarus ist brutal ehrlich. Andere sind zynisch - weil unehrlich.

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