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Spandau hat keine Lust auf die Nebenrolle
Berliner Wasserballer wollen Hannover wieder von der Spitze verdrängen
Der deutsche Wasserball erlebt derzeit eine Flut von Spitzenspielen zwischen dem Meister Waspo Hannover und den Wasserfreunden Spandau 04. Begonnen hat die Saison offiziell am 31. Oktober mit dem Supercup zwischen Gastgeber Hannover und dem Pokalzweiten aus Berlin. Das Pokalfinale der Vorsaison hatten die Spandauer allerdings gerade einmal zwei Wochen zuvor daheim mit 14:18 gegen - na klar - Hannover verloren. Es war pandemiebedingt terminlich nach hinten verschoben worden. Kurz darauf folgte also besagter Supercup, in dem sich die Hauptstädter ausgerechnet am 52. Geburtstag von Hannovers Trainer Karsten Seehafer mit 13:12 revanchierten. Am Mittwochabend stand in Berlin nun das dritte Match binnen dreieinhalb Wochen zwischen den Erzrivalen an, diesmal in der Champions League. Und da ein Remis noch fehlte, trennten sich die Teams 11:11 unentschieden.
In der laufenden Saison werden sich Hannover und Spandau mehr als zehnmal gegenüberstehen. Denn außer Supercup, Meisterschaft und Pokal gehört nach der Auslosung für die Champions League nun auch noch die Hauptrunde in der europäischen Königsklasse zum Programm. Dort mühen sich beide deutschen Spitzenteams in ihrer Achter-Gruppe um einen der vier Plätze für das Viertelfinale im Juni 2022.
Wer die hiesige Szene verfolgt, der weiß sehr wohl, dass die gepflegte Rivalität zwischen Berlinern und Niedersachsen seit mehreren Jahren zum guten Ton im deutschen Wasserball gehört. Seit Beginn der Spandauer Dominanz 1979 (bis heute 37-mal Meister, 31-mal Pokalsieger und 16-mal Supercup-Gewinner) war die Hauptrolle lange Zeit fest vergeben und nur ausnahmsweise fremdbesetzt. Die Berliner reklamierten für sich explizit das »Können«, für die Konkurrenz blieb maximal das »Wollen«.
Seit 2017 änderte sich aber die Rollenverteilung im Wasserball-Koordinatensystem. In den seither ausgespielten nationalen Wettbewerben gewann Hannover plötzlich zwölf der vergebenen 15 Titel: Die Niedersachsen feierten drei Meisterschaften, vier Pokalsiege und gar fünfmal den Gewinn des Supercups. Der jahrelang auf den Part als Herausforderer fixierte Meister will nun das Gefühl des Gipfelstürmers auch verbal und emotional genießen. Andererseits wuchsen Spandaus Revanchegelüste ebenso peu à peu an. Der Supercup-Erfolg Ende Oktober war für die Berliner nach mehreren Finalniederlagen in Serie jedenfalls immens wichtig.
Doch altert nichts schneller als der Erfolg von gestern, wenn er nicht erneuert wird. Bis zu 13-mal werden Spandau und Hannover in dieser Saison aufeinandertreffen. Das Duell am Mittwoch war zwar zuvörderst nur der Kampf um eine gute Ausgangsposition fürs Erreichen des sogenannten Final-8-Turniers in der Champions League, aber es war auch ein Kampf ums Prestige des aktuellen Krösus im deutschen Wasserball.
»Es gehen zwei gleichwertige Teams ins Becken. Das Spiel wird zeigen, wer stärker ist«, hatte Ivan Nagaev, russischer Nationalspieler in Diensten Hannovers zuvor noch gemutmaßt. Das tat es letztlich dann doch nicht. Denn nun steht eine 1-1-1-Bilanz seit Mitte Oktober in den Ergebnislisten: Ein Sieg, ein Remis und eine Niederlage für jede Seite lassen Platz für diverse Interpretationen.
Auch die Partie vom Mittwoch war so beschaffen: »Gefühlt war es eher eine Niederlage«, kommentierte Spandaus Manager das Resultat. Hannovers Coach Seehafer befand: »Wir waren eigentlich schon bezwungen, kommen mit Moral und Geschick aber zurück.« In der Tat war Spandau nach drei Vierteln beim 8:5 der »So-gut-wie-Sieger«, im vierten aber lag plötzlich Hannover dank eines famosen Comebacks mit 10:9 und 11:10 vorn - bis zwei Sekunden vor der Schlusssirene. Dann traf Nikola Dedović zum Ausgleich für Spandau. Das brachte beiden Seiten einen Punkt. Da sie aber im Grunde jeweils zwei Zähler verspielt hatten, blieb die Freude überall gedämpft.
Hannover und Spandau sind aktuell mit unterschiedlichen Konzepten unterwegs. Waspo setzt auf die investive Kraft von Seehafer. Der verdient im Hauptberuf als Unternehmer nicht nur seine, sondern auch für eine Reihe der sportlichen Schützlinge die »Brötchen«. So leisten sich die Niedersachsen vor allem erfolgreiche, aber auch alternde Profis aus diversen Staaten Ex-Jugoslawiens und haben wenige junge Akteure im Team mit einem Altersschnitt von 28,6 Jahren. Bei Spandau ist Routine (vornweg in Gestalt von Serbiens Olympiasieger Dedović) ebenfalls ein wichtiger Faktor - dafür stehen auch Torwart Laszlo Baksa (Ungarn/35), die deutschen Nationalspieler Marko Stamm (33), Mateo Cuk, Marin Restovic (je 31) und Maurice Jüngling (30). Aber nach der Vorsaison ohne Titel, die im Triple von Hannover gewonnen worden waren, hat Berlin versucht, den Kader mit jungen Spielern aufzufrischen und zukunftsträchtiger zu machen.
Mit den deutschen Nationalspielern Zoran Bozic (19) und dem bereits länger in Berlin aktiven Denis Strelezkij (23), dem Spanier Augusti Pericas (24) sowie dem Griechen Dimitrios Nikolaides (22) wurde der Altersschnitt des Stammaufgebots auf 27,4 Jahre gedrückt. Eine Handvoll weiterer sehr junger Talente steht noch dahinter auf dem Sprung ins Team. Damit will Spandau 04 die frühere Hierarchie wiederherstellen und Hannover erneut zum Herausforderer »degradieren«. Die Frage, ob das gelingt, ist zwar offensiv gestellt, aber längst noch nicht beantwortet.
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