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  • Das DFB-Team in der WM-Qualifikation

Die Wende ist geschafft

Nach der makellosen WM-Qualifikation erwarten Hansi Flick größere Aufgaben

Hansi Flick steckt in einer Zwickmühle. Am Sonntagabend feierte er im siebten Spiel als Bundestrainer den siebten Sieg. Das 4:1 der deutschen Fußballer in Eriwan gegen überforderte Armenier zum Abschluss der Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2022 war aber ebenso ein Pflichtsieg wie die sechs Erfolge zuvor in der Gruppe J. Denn auch die weiteren Gruppengegner Liechtenstein, Island, Rumänien und Nordmazedonien sind kein Maßstab auf dem Weg zurück in die Weltspitze. Auch mit diesem Auftrag wurde der 56-Jährige schließlich Anfang August vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) ausgestattet.

»Wir sind zurück«, sagte Flick auf der Pressekonferenz nach dem letzten Länderspiel des Jahres. Wirklich überzeugt kann er davon eigentlich nicht sein. Aber dieser Termin taugte nun mal irgendwie zu einer ersten Bilanz. Und Optimismus zu verbreiten, gehört nach zuvor mindestens drei Jahren des sportlichen Verfalls sicherlich auch zu den Aufgaben des neuen Bundestrainers. Seinen Worten war aber auch die Unsicherheit über den wahren Leistungsstand seines Teams zu entnehmen. »Wir brauchen uns nicht zu verstecken«, meinte er mit Blick auf die großen Gegner im Weltfußball. Zweifel werden Flick und die Nationalmannschaft noch eine Weile begleiten, die nächsten beiden Länderspiele stehen erst im März an - dann aber gegen »Hochkaräter«.

Eine Wende - hin zum Guten - ist zumindest geschafft. Dafür taugt sogar der Blick zurück auf die 20 Monate lange WM-Qualifikation. Die einzige Niederlage in insgesamt zehn Spielen gab es Ende März in Duisburg gegen Nordmazedonien. Der Bundestrainer hieß noch Joachim Löw. Und das Team trat so uninspiriert und leidenschaftslos auf, dass dem Gegner in der Schlussphase der Siegtreffer gelang. Kein halbes Jahr später wurde der Gruppenzweite in Skopje recht souverän mit 4:0 geschlagen. Es war das fünfte Spiel von Flick. Und seine Spieler brachten neben neu gewonnener Lust aufs Verteidigen auch die Gier nach Toren auf den Platz. Das war in allen Spielen unter Flick zu beobachten. Das beschrieb der Bundestrainer am Sonntagabend, als er sagte, dass ihn vor allem »die Art und Weise, wie wir Fußball spielen«, positiv stimme.

Vermutlich hätten viele Trainer einen ersten Umschwung mit dem deutschen Nationalteam geschafft. Weil die Qualität der Spieler mehr hergibt als ein Vorrundenaus bei der WM 2018 oder eine Niederlage gegen Nordmazedonien. Denn im System Löw war kaum mehr Platz für Neues oder kreative Lösungsansätze, zu eng hatte der Weltmeistertrainer das Korsett seiner einst Erfolg bringenden Gedanken um sich und seine Spieler geschnürt.

Das Positive an der Personalie Flick reicht jedoch weiter als die ersten Erfolge. Denn der Heidelberger ist kein Selbstdarsteller. Allein das ist in dem medialen Hochglanzbetrieb Profifußball schon viel wert. Natürlich ist er ehrgeizig, freut sich über Siege und mag es nicht zu verlieren. Aber Flick - das hat er mit seinem selbst gewählten Abgang vom FC Bayern bewiesen, muss in diesem System nicht um jeden Preis an erster Stelle stehen. Seine langjährige Zeit als Assistenztrainer zeugt ebenso davon. Auch dank dieser Zurückhaltung und seiner verbindlichen Art konnte er aus sehr guten Nationalspielern in kurzer Zeit wieder ein erfolgreiches Team formen. Und so hob der Bundestrainer in Eriwan nochmals die »familiäre Atmosphäre« bei der Nationalmannschaft hervor.

Letztlich wird aber auch Hansi Flick an Erfolgen gemessen werden. Was das beim DFB bedeutet, formulierte Oliver Bierhoff am Rande des letzten Länderspiels. »Wir wollen alle zehn Jahre einen Titel holen. Das ist unser Anspruch«, sagte der für die Nationalteams zuständige Verbandsdirektor. Damit ist der Rahmen klar gesteckt: wenn nicht bei der Weltmeisterschaft in einem Jahr in Katar, dann bei der Europameisterschaft 2024 in Deutschland. Auch dafür scheint Flick ein geeigneter Kandidat. Dem großen Druck des Siegenmüssens hielt er schon beim FC Bayern auf beeindruckende Weise stand.

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