- Kommentare
- Betriebsratswahlen bei Gorillas
Gorillas hat sich verkalkuliert
Warum sich die Beschäftigten bei Gorillas über das Urteil des Berliner Arbeitsgerichts freuen können
Da hat sich Kağan Sümer wohl juristisch etwas verkalkuliert. Schließlich ist der Gründer des Online-Lebensmittellieferdienstes Gorillas vors Berliner Arbeitsgericht gezogen, um die Gründung eines Betriebsrats in seinem Laden zu verhindern. Doch die Richter*innen urteilten nicht in seinem Sinne. Statt bei ihm können jetzt bei seinen Beschäftigten die Sektkorken knallen, und bei ihren vielen Mitstreiter*innen, die schon länger dagegen ankämpfen, dass Start-Ups wie Gorillas gewerkschafts- und mitbestimmungsfreie Zonen der verschärften Ausbeutung sind.
Auch wenn das Management formale Fehler anführt, die aus seiner Sicht angeblich vom Wahlvorstand gemacht worden sind, sind es ganz grundlegende Gründe, warum es einen Betriebsrat verhindern will. Denn ist erst einmal eine Interessenvertretung der Angestellten installiert, wird diese in vielen wichtigen Sachen ein Wörtchen mitsprechen können. So sind zum Beispiel Arbeitszeitfragen und Fragen des Gesundheitsschutzes mitbestimmungspflichtig. Auch wird sich das Management mit dem Betriebsrat auseinandersetzen müssen, wenn es das Unternehmen umstrukturieren will.
All das wird Gorillas-Gründer Sümer nicht schmecken. Denn das Gorillas nichts von Mitbestimmungs- und Angestelltenrechten hält, beweist das Unternehmen, dessen Geschäftsmodell auf der Faulheit seiner Kundschaft und der Verfügbarkeit billiger Arbeitskräfte beruht, schon länger. Gleichzeitig zeigt aber auch der Arbeitskampf der Beschäftigten, die zur Not auch wild streiken, dass Widerstand gegen solche menschenverachtenden Geschäftsmodelle möglich ist. Und das Urteil des Berliner Arbeitsgerichtes belegt, dass man dabei auch darauf zählen kann, dass Gesetz auf seiner Seite zu haben. Denn oft genug sind es nicht die Angestellten, die Regeln brechen, sondern das Kapital, das schrankenlos Profit machen will.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.