Die Fünf aus dem Fahrstuhl

Auf der Videoplattform Tik Tok sind die »Elevator Boys« mit simplen Inhalten erfolgreich: Sie lächeln sexy aus dem Aufzug raus.

Die Corona-Pandemie hat wirklich Sonderbares hervorgebracht: einen wahnhaften Vegan-Koch mit Reichsfahne, eine schwurbelnde Popsängerin, Schauspieler, die alles dichtmachen wollten, und: die Elevator Boys. Das sind fünf Jungs, die in den vergangenen Monaten begonnen haben zu filmen, wie sie aus Fahrstühlen rauslächeln und das dann auf Tik Tok posten. Mit der 2016 erschienenen App können Kurzvideos erstellt und mit Musik hinterlegt werden.

Mittlerweile gucken sich Millionen von Menschen die Elevator Boys an. Das ist in etwa so schwer zu erklären wie die Inhalte ihrer Videos: Die Tik-Tok-Superstars stehen zum Beispiel im Aufzug, gucken auf den Boden und dann langsam, wie in Zeitlupe, nach oben. Dann lächeln sie und sehen – den vielen Kommentaren unter den Videos zufolge – enorm sexy aus. Manchmal tanzen sie auch. In ihrer »Elevator-Mansion«, der gemeinsamen Berliner Wohnung, präsentieren sie oberkörperfrei ihre Muskeln, flirten in die Handykamera, strecken die Zunge zwischen den glänzend makellosen Zähnen raus, stylen ihre Lockenköpfe zu Vogelnestern oder sehen zu, dass die Collegejacke an der Schulter gut sitzt. Manche Regieanweisungen könnte man sich in etwa so vorstellen: »Lauf mal durch die Menge und guck dann sexy, okay? Ich filme das!« Hinterlegt sind Songs mit Texten wie »Hi, baby do you wanna be mine?«

Was ein wenig an NSYNC und die Backstreetboys erinnert, ist aber keine Neuauflage einer US-amerikanischen Musikgruppe, sondern »Made in Germany«. Deutschland, das Land der Dichter und Denker – und der Elevator Boys. Der Erfolg der vergangenen Monate hat sie schon in die Fernsehshow »Late Night Berlin« mit Klaas Heufer-Umlauf gebracht. Und auch RTL hat »die fünf Wuschelköpfe« bereits besucht. Bene Schulz (20), Jacob Rott (21), Tim Schaecker (22), Julien Brown (21) und Luis Freitag (21) haben jeweils um die drei Millionen Follower*innen auf Tik Tok und teils mehrere Hunderttausend auf Instagram. So viele Menschen wollen demnach anschauen, wie fünf Jungs hübsch ausschauen. Sind das die bisher unbekannten Langzeitfolgen der Corona-Impfung?

Vermutlich ist es wie so oft im Internet: Inhalte, die »cringe« – also peinlich – sind und Fremdscham erzeugen, gehen einher mit einer gewissen Faszination. Und Sex sells sowieso. Es sind Momente, in denen man sich wünscht, das Internet hätte sich tatsächlich nicht durchgesetzt. Sind die User*innen einmal in die Klauen des undurchschaubaren Algorithmus geraten, ist es schwer, von maximal stupiden Inhalten wieder loszukommen. Vorher redet man sich noch ein, die Videos seien voller Selbstironie und daher doch gar nicht so cringe.

Man teilt die Videos mit Freund*innen und verbreitet sie weiter. Um sich darüber lustig zu machen oder weil man die Fünf aus dem Fahrstuhl doch ganz geil findet. Oder wegen einer diffusen Mischung aus beidem. Was man damit leider auch verbreitet, sind unrealistische Schönheitsideale – und das ist nicht mehr nur cringe, sondern ein Problem.

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