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Das große Blablabla

Sieben Tage, sieben Nächte: Ein kleiner Exkurs über die Kunst der nichtssagenden, aber anspruchsvoll klingenden Äußerung

Also sprach Greta Thunberg: »Blah blah blah.« Das ist ihre zusammenfassende Bewertung der jüngsten UN-Klimakonferenz in Glasgow, geäußert auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, der aber nicht so geizig ist mit der Zeichenzahl, dass nicht noch ein paar weitere Blahs möglich gewesen wären. Die schwedische Klimaaktivistin hatte schon neulich die klimapolitische Bilanz des G20-Gipfels mit der gleichen Note bedacht, was einige Politiker dazu animierte, darauf zu reagieren und sich dabei ebenfalls der wegweisenden Formulierung zu bemächtigen.

»All the promises will be nothing but blah, blah, blah without action now«, sagte etwa der britische Premier Boris Johnson. Der italienische Regierungschef Mario Draghi hielt Thunberg entgegen: »Il summit ha riempito di sostanza il bla bla bla.« Und Italiens Ex-Premier Matteo Renzi, diesmal in innenpolitischer Angelegenheit: »Il Partito Democratico è il partito del bla, bla, bla«.

Was sagt uns das? Erstens ist es immer tröstlich, wenn man beim Umherirrren in unverstandenen Sätzen unverhofft einer bekannten Vokabel begegnet. Zweitens klingt Italienisch eindeutig eleganter als Englisch; vom Deutschen wollen wir da gar nicht reden. Drittens ist »Bla, bla, bla« international kompatibel, laut Wikipedia mindestens auch im Französischen, Polnischen, Spanischen und Schwedischen geläufig. Es fehlt also nicht mehr viel zur Weltformel. Und viertens ist es einfach eine prägnante Kennzeichnung dessen, was der Duden mit »nichtssagende, aber anspruchsvoll klingende Äußerungen« beschreibt.

Leute, die sich mit dem Phänomen genauer beschäftigen, haben festgestellt, dass der Gebrauch von »Bla bla bla« in englischsprachigen Büchern seit 1960 auf mehr als das 50-Fache angestiegen ist. Man kann also von einer massiven Blablaisierung sprechen, was ganz und gar nicht verwunderlich erscheint, wenn man bedenkt, dass in dieser Zeit der Siegeszug erst des Fernsehens und dann des Internets sowie die massenhafte Verbreitung von Telefonen stattfanden. Technischer Kanäle also, auf denen unglaublich viele nichtssagende und dabei oft nicht einmal anspruchsvoll klingende Äußerungen vorgetragen werden.

Nun gibt es im Bereich des Nichtssagenden unterschiedliche Niveauebenen, und wer sich weiter oben auf dieser Skala umschaut, stößt unweigerlich auf den namhaften Redenschreiber und Kommunikationscoach Christian Morgenstern. In seinem Standardwerk »Das Große Lalula« formulierte er vor mehr als 100 Jahren wichtige rhetorische Bausteine für eine gelungene Ansprache. Da gibt es zugespitzte Fragen (»Hontraruru miromente / zasku zes rü rü?«) ebenso wie nachdenkliche, abwägende Passagen (»Bifzi, bafzi; hulalemi: / quasti basti bo…«) und kühn-entschlossene Thesen (»Lalu lalu lalu lalu la!«). Es ist, als hörte man Olaf Scholz sprechen, dessen Erfolgsrezept im Wahlkampf darin bestand, viel zu reden, aber möglichst wenig zu sagen. Wer wollte ihm da ein schnödes »Bla bla« vorwerfen? Noch dieses Jahr will er mit der Regierungserklärung seine Zungenfertigkeit beweisen. Wir sind gespannt. Lalu lalu lalu lalu la!

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