• Politik
  • Geflüchtete an der Grenze zwischen Polen und Belarus

Polen will Schutzsuchende »zurückführen«

Weltgesundheitsorganisation spricht von besorgniserregender Gesundheitslage an EU-Außengrenze

  • Ulrike Wagener
  • Lesedauer: 3 Min.

Mehr als 100 schutzsuchende Menschen wurden am Wochenende nach Informationen der polnischen Regierung von Grenztruppen davon abgehalten, die Grenze zwischen Belarus und Polen zu passieren. Wie ein WHO-Vertreter nach einem Besuch in einer Notunterkunft im belarussischen Brusgi an der Grenze zu Polen sagte, sei die gesundheitliche Lage der Schutzsuchenden besorgniserregend. Die Situation im Grenzgebiet ist wegen der eingeschränkten Pressefreiheit kaum zu überschauen.

Die ersten Menschen aus irakischen Kurdengebieten, denen ein Grenzübertritt verwehrt wurde, wurden unterdessen bereits zurück in den Irak geflogen. Gegenüber der Nachrichtenagentur dpa berichteten sie dort von Misshandlungen und Folter sowohl durch polnische und belarussische Polizeikräfte.

Währenddessen geht der Diplomatiepoker zwischen Polen, Belarus und der EU weiter. Polens Präsident Mateusz Morawiecki erklärte sich bei einem Besuch in Estland am Sonntag überraschend bereit, für die »Rückführung« der Schutzsuchenden aufzukommen: »Wir sind jeden Moment in der Lage, die Rückkehr der Migranten in ihrer Herkunftsländern zu finanzieren«, sagte er.

Die EU wirft dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, absichtlich Asylsuchende in das Grenzgebiet gebracht zu haben, um politischen Druck auszuüben. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson sagte der »Welt am Sonntag«, Lukaschenko habe Migrant*innen aus dem Nahen Osten getäuscht, indem er sie nach Belarus »gelockt« habe. Er trage eine »hochgradige Verantwortung für die produzierte Krise«.

Lukaschenko selbst sagte in einem Interview mit der BBC, es sei zwar »absolut möglich«, dass belarussische Soldaten Migranten bei der Einreise in die EU geholfen hätten. Dass die belarussische Führung dies organisiert habe, bestritt er aber.

Mit Waffengewalt gegen Asylanträge. Der Rechtswissenschaftler Maximilian Pichl über die Rechtsbrüche an der Ostgrenze der Europäischen Union

Zum internationalen Tag der Kinderrechte am Samstag hatten sich 27 Kinder- und Menschenrechtsorganisationen an die Bundesregierung und die EU-Kommission gewandt: »An der Außengrenze der EU in Belarus findet vor den Augen der europäischen Öffentlichkeit eine humanitäre Krise statt«, hieß es dort. Die Organisationen fordern die Regierungen auf, die Menschen im Grenzgebiet zu evakuieren und ihnen Zugang zu einem rechtsstaatlichen Asylverfahren in der EU zu gewähren.

Die scharfe Rhetorik der polnischen Regierung in Bezug auf die Geflüchteten, wird von einigen Expert*innen als Versuch gewertet, von ihrem Konflikt mit der EU-Kommission abzulenken. Diese hatte Polen am Freitag aufgefordert, sich zu den von Brüssel beanstandeten Rechtsstaatlichkeitsverstößen im Zusammenhang mit den umstrittenen polnischen Justizreformen zu äußern. Morawiecki rief die EU am Sonntag seinerseits auf, die »Probleme zwischen uns und Brüssel nicht die enorme reale Gefahr überschatten zu lassen, die sich am Horizont abzeichnet«. nd/Mit Agenturen

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