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Gleichgestellt kombinieren

Im Nordischen Skisport werden die Frauen auch im Zweikampf auf Sprungschanzen und Langlaufloipen endlich sichtbarer

  • Lars Becker
  • Lesedauer: 5 Min.

Minus 22 Grad haben die Skitechniker der deutschen Kombinierer auf ihrer Anreise zum Weltcupauftakt in Ruka gemessen. Es gibt ihn tatsächlich noch, den echten Winter. Zumindest in Finnland am Polarkreis, nahe der russischen Grenze. Dort soll ja auch der Weihnachtsmann seine Heimat haben, der jedes Jahr als beliebtes Fotomotiv zu den Stammgästen beim ersten Kräftemessen der besten nordischen Skisportler auf den Schanzen und in den Loipen von Ruka gehört.

Die Frauen haben an diesem Wochenende noch nicht das Vergnügen, den berühmten Mann mit dem weißen Bart live zu erleben. Ihr Start in den Weltcup geht erst am ersten Dezemberwochenende in Lillehammer über die Bühne, deshalb trainiert das deutsche Team um Vorzeigeathletin Jenny Nowak auch jetzt schon in Norwegen. Vom Weihnachtsmann vergessen wurden die Kombiniererinnen trotzdem nicht: In diesem Winter wartet die längste Weltcupsaison in der Geschichte der für die Frauen noch sehr jungen Sportart. Das ist zwar kein Kunststück, weil es im vergangenen Winter nur einen Premierenweltcup in Ramsau gab. Trotzdem kann sich die Zahl von zehn Weltcups an sechs verschiedenen Orten, darunter der erste Mixed-Teamwettbewerb mit den Männern, durchaus sehen lassen. »Es ist ein zartes Pflänzchen, das behutsam wachsen muss«, sagt Horst Hüttel. Er ist als Sportlicher Leiter beim Deutschen Skiverband für die Nordische Kombination und das Skispringen zuständig. Das Thema Gleichberechtigung liegt ihm besonders am Herzen.

Bei den Skispringerinnen ist die Entwicklung schon relativ weit fortgeschritten. 2014 gab es die Olympiapremiere der fliegenden Frauen mit dem Triumph von Carina Vogt. Bei den in gut zwei Monaten beginnenden Winterspielen in Peking wird erstmals um Gold im Mixed-Wettbewerb gesprungen und auch das Weltcupprogramm ist schon fast so dicht wie bei den Männern. Diese Erfolgsgeschichte dient nun als Blaupause für die Frauen, die die Kombination aus Skispringen und Skilanglauf erst in den letzten Jahren für sich erobert haben.

Erst im vergangenen Winter fiel mit dem ersten Weltcup und der WM-Premiere eines Einzelwettbewerbs in Oberstdorf die letzte Männerbastion im Skisport. Die Ergebnisse waren aus deutscher Sicht unbefriedigend - schließlich liegt die Latte durch die männlichen Goldgaranten wie beispielsweise die mehrfachen Weltmeister und Olympiasieger Eric Frenzel oder Johannes Rydzek hoch. Bei der ersten WM landete die damals 16-Jährige Cindy Haasch als beste Deutsche auf Platz elf. Die als heimliche Medaillenkandidatin gehandelte Jenny Nowak wurde gar nur 17. - von insgesamt 32 Sportlerinnen aus neun Nationen. »Natürlich waren wir da nicht ganz zufrieden. In Norwegen, Japan oder Österreich wurde zielgerichteter im Nachwuchs bei den Mädels gearbeitet«, räumt Hüttel ein.

Zwar sei man bei den Kombiniererinnen in den jüngeren Jahrgängen in der Breite recht gut aufgestellt - im Schülercup in der Altersklasse 12/13 traten jüngst von 45 Starterinnen im Skispringen auch 30 in der Nordischen Kombination an. Aber es mangele oft noch am konzentrierten Training in beiden Teildisziplinen. Das Skilanglaufen läuft bislang häufig nur »nebenbei«.

Deshalb bieten sich für die sechs deutschen Startplätze im Weltcup auch nur etwa 12 bis 15 Frauen wirklich an. Horst Hüttel hofft jedoch darauf, dass das Interesse für die noch junge Sportart durch Fernsehübertragungen von den Weltcups und hoffentlich auch deutschen Erfolgsgeschichten weiter wachsen wird. Einzige Kandidatin dafür ist derzeit die 19-jährige Jenny Nowak. Die Juniorenweltmeisterin von 2020 hat vor ein paar Wochen mit haushohem Vorsprung den deutschen Meistertitel gewonnen. »Unser Anspruch muss es sein, auch bei den Kombiniererinnen international ums Podium zu kämpfen«, fordert Hüttel.

Schließlich dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis auch in der Nordischen Kombination die Gleichberechtigung der Geschlechter in Sachen Medaillen hergestellt sein wird. Bei den nächsten Nordischen Skiweltmeisterschaften 2023 in Planica könnte es neben dem Einzelrennen für die Frauen auch die Premiere des Mixed-Wettbewerbs geben. Und für die Olympischen Spiele 2026 in Mailand und Cortina hat der Skiweltverband Fis jetzt beim Internationalen Olympischen Komitee einen Antrag auf die Premiere für die Kombiniererinnen gestellt. Ebenfalls neu soll dort dann auch der Großschanzenwettbewerb der Skispringerinnen sein.

Die männlichen Kombinierer sind durchweg darüber begeistert, dass die Gleichberechtigung nun auch in ihrer Sportart vor dem Durchbruch steht. »Ich finde es eine coole Sache, dass endlich auch bei uns die Frauen mit von der Partie sind. Der Mixed-Wettbewerb wird bestimmt spannend«, sagt Teamolympiasieger Fabian Rießle. Die erste gemischte Konkurrenz soll am 7. Januar in Val die Fiemme über die Bühne gehen. Aber auch in Lillehammer, Otepää, Ramsau, Planica und Schonach sind Männer und Frauen zumindest an einem Ort live zu erleben.

Sicher können sich dann die deutschen Kombiniererinnen, die bei Olympia diesmal noch Zuschauerinnen sind, etwas von ihren männlichen Kollegen abschauen. Denn »König« Eric Frenzel, Johannes Rydzek, Rießle und Co haben in den vergangenen Jahren viele Titel abgeräumt. Ausgerechnet bei den Heimweltmeisterschaften im vergangenen Winter in Oberstdorf schnappten jedoch die Norweger um Superstar Jarl Magnus Riiber - am Freitag auch Sieger des ersten Weltcups der Saison in Ruka - und die Österreicher mit Johannes Lamparter den erfolgsverwöhnten Deutschen die Goldmedaillen weg.

»Bei der letzten WM hat das Salz in der Suppe gefehlt. Das wollen wir in der Olympiasaison ändern«, kündigt Bundestrainer Hermann Weinbuch an. »Die Jungs sind heiß.« Eigentlich die beste Einstellung für den Auftakt in der Heimat des Weihnachtsmanns. Am Freitag aber konnte sich noch keiner Deutscher mit einem Podestplatz beschenken. Als bester wurde Manuel Faißt Fünfter.

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