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Kein Uran aus Grönland

Neue Regierung verbietet Abbau von radioaktivem Erz

  • Andreas Knudsen, Kopenhagen
  • Lesedauer: 3 Min.

Als Grönland 2009 die Selbstverwaltung erhielt, schien die Wahl einfach: Um Arbeitsplätze und Steuereinnahmen zu sichern, sollten die mineralischen Schätze im felsigen Untergrund und die möglichen Öl- und Gasvorkommen im Arktischen Meer ausgebeutet werden. Grönland würde bald auf eigenen Beinen stehen und sich unabhängig machen können von Dänemark, so der Traum vieler Einwohner.

Zwölf Jahre später hat Ernüchterung eingesetzt, viele Grönländer haben Umweltbedenken und insgesamt weht ein anderer Wind. Die im April gewählte Regierung, die von IA, einer linkssozialdemokratischen Partei, geführt wird, beschloss im Vorfeld der Klimakonferenz COP 26, ihre bisherigen Vorbehalte gegen das Pariser Klimaabkommen aufzugeben. Bis dahin war die Philosophie, Entwicklung gehe vor Klimaschutz. Deshalb hatte die jahrzehntelang regierende sozialdemokratische Siumut-Partei keine Probleme damit, dass Bergbau im großen Stil Eingriffe in die Natur des Landes und in das Leben seiner Bewohner verursachten. In ihren Regierungsjahren wurden zahlreiche Erkundungs- und Ausbeutungslizenzen bewilligt. Die umstrittenste war das Bergwerk von Kvanefjeld in Südgrönland. Hier sollten Seltene Erden abgebaut werden. Dabei treten Seltene Erden fast immer zusammen mit Uran auf, eventuell ist auch Thorium oder Zink im Boden. Diese drei Metalle verursachen umfangreiche Umweltschäden, falls sie nicht korrekt gelagert und verarbeitet werden. Deshalb formierte sich in jüngerer Zeit ein breites Bündnis in Südgrönland gegen das Bergbauprojekt. Nicht nur ist die Gegend eine Hochburg von IA, sondern beherbergt auch reiche Fischvorkommen. Zudem lebt sie von Schafzucht, Landwirtschaft sowie Tourismus.

Der Widerstand führte zu vorzeitigen Neuwahlen im April, die die IA mit dem Versprechen gewann, Uranabbau in Grönland künftig zu verbieten. Das Verbot war vor einigen Jahren aufgehoben worden, um Kvanefjeld den Weg zu bahnen. Nach langen Diskussionen hat das grönländische Parlament das Verbot wieder eingeführt, allerdings mit der kleinstmöglichen Mehrheit von elf zu neun.

Dieses Abstimmungsverhältnis spiegelt in etwa die Haltung in der Bevölkerung wider, die ebenfalls in zwei Lager gespalten ist. Ein Regierungswechsel aufgrund leicht geänderter Mehrheitsverhältnisse in der Bevölkerung kann damit eine erneute Zulassung ermöglichen. Die Frage ist, ob Bergbauinvestoren noch das Vertrauen haben in die grönländische Politik, Millionenbeträge in die Erkundung zu investieren, ohne Investitionssicherheit zu haben.

Die kanadische Firma Hudson Resources hat dieses Vertrauen auf jeden Fall nicht mehr und zog sich aus einem Erkundungsprojekt nach dem Schwermetall Niobium zurück. Ein Firmensprecher erklärte seine Enttäuschung über die Gesetzesänderung und bezeichnete sie als »schießen mit einer Schrotflinte«, da auch Projekte ohne politische Komponente wie Kvanefjeld betroffen seien. Bereits im Sommer beschloss das Parlament, die Öl- und Gaserkundung einzustellen. Diese Entscheidung war weitaus weniger kontrovers als das Verbot von Urangewinnung, da trotz umfangreicher Nachforschungen keine nennenswerten Vorkommen entdeckt wurden.

Gegenwärtig gibt es nur zwei kleine Bergwerke in Grönland, in denen Rubine und Saphire beziehungsweise Anorthosite für die Steinwolleproduktion abgebaut werden. Die grönländische Bergbaubehörde entzog im November einer britisch-chinesischen Firma die Lizenz für den Eisenerzabbau, da die Firma es aus Kostengründen über Jahre versäumte, das geplante Megaprojekt weiterzuverfolgen.

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