Chaos rund um die Elsenbrücke

Wichtige Verbindung zwischen Friedrichshain und Treptow nach Sensorenalarm gesperrt

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Für Pendler, die durch Friedrichshain, Kreuzberg und Treptow mussten, fing die Woche katastrophal an. Denn die Elsenbrücke nördlich des Treptower Parks wurde am Montag um kurz nach 5 Uhr gesperrt. »In der Nacht zum Montag um kurz nach ein Uhr hat die an der Elsenbrücke installierte optische Dauermessanlage eine unerwartet hohe Durchbiegung gemeldet«, heißt es von der zuständigen Senatsverkehrsverwaltung. Kurz zuvor habe das installierte Schallakustikmesssystem einen mutmaßlichen Spannstahlbruch nahe des Treptower Ufers gemeldet. Selbst Fußgänger und Radfahrer durften die Spree nicht dann nicht mehr queren. Es bildeten sich lange Staus auf Stralauer und Puschkinallee, Schlesischer Straße und auch rund um die hauptsächlich genutzte Umfahrung, die Oberbaumbrücke.

Nicht nur die direkt über die Elsenbrücke führenden Buslinien M43 und 194 waren laut den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) betroffen, wegen chaotischer Verkehrsverhältnisse endeten auch die Linien 165 und 265 aus Richtung Bahnhof Schöneweide am Treptower Park, weiter nördlich wurden als Notverkehr ein paar Busse in den Dauerstau geworfen. Selbst die Straßenbahnlinie M10 war betroffen. Wegen Rückstau auf der Warschauer Brücke wendeten die Züge bereits davor und fuhren den U-Bahnhof nicht an.
»Jetzt laufen die Bauwerksprüfungen, insbesondere auch Sichtprüfungen, ob möglicherweise Risse entstanden sind«, heißt es von der Verkehrsverwaltung. Geprüft werde dabei auch, ob und wann die Brücke gegebenenfalls für Fuß-, Fahrrad- und den ebenfalls gesperrten Schiffsverkehr wieder freigegeben werden kann. Motorisierter Verkehr scheint also eher nicht auf das marode Bauwerk zurückzukommen.

Nach Verwaltungsangaben werde an einer Beschleunigung der Verkehrsfreigabe für die Behelfsbrücke gearbeitet. Sie steht an der Stelle der ehemaligen Osthälfte der Elsenbrücke, die bereits im Sommer 2018 gesperrt und später abgerissen werden musste, nachdem bei einer Routineprüfung ein 28 Meter langer Riss festgestellt worden ist.

»Das nun eingetretene Chaos war lange absehbar. Berlin hat seit Jahren viel zu wenig in den Erhalt und die Sanierung seiner Infrastruktur, insbesondere der Brücken, investiert«, sagt Christian Amsinck, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg. »Die erste Anforderung an die designierte Verkehrssenatorin Bettina Jarasch ist es deshalb, ein umfassendes Sanierungsprogramm für die Berliner Brücken auf den Weg zu bringen«, fordert Amsinck von der Grünen-Politikerin.

Laut einer Antwort der Senatsverkehrsverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage sind 35 Straßenbrücken derzeit akut sanierungsbedürftig, darunter auch die Mühlendammbrücke in Mitte. Sie ist nach dem gleichen Muster wie die Elsenbrücke gebaut. Bei beiden wurden die Spannstähle, die dem Bauwerk Halt geben, einbetoniert. Somit kann deren Zustand nicht geprüft werden, eine Sperrung kann ohne Vorwarnung von einem Tag auf den anderen nötig werden.

Ein weiteres marodes Bauwerk beschert der BVG Probleme in Mitte: Es sind die Überreste des sogenannten Lindentunnels in Höhe der Neuen Wache. Straßenbahnen kreuzten den Boulevard Unter den Linden in dem 1911 eröffneten Bauwerk unterirdisch. Stillgelegt worden ist die Strecke 1951, Teile des Tunnels existiert jedoch bis heute.

Demnächst soll ein Durchfahrverbot für mehr als 16 Tonnen schwere Fahrzeuge verhängt werden. Damit werden keine Doppeldecker mehr auf der Touristen-Buslinie 100 fahren dürfen. Die BVG hat bereits eine Sondergenehmigung beantragt, um wenigstens Gelenkbusse einsetzen zu können.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -