Müller lobt eine Million Auffrischungen

Bis Weihnachten sollten 1,5 Millionen Berliner ihre dritte Impfung erhalten haben

  • Claudia Krieg
  • Lesedauer: 4 Min.

»Eine Wahlperiode wird beendet, Herr Regierender Bürgermeister, viel Glück« - mit diesen Worten schließt Brigitte Gruner von der Berliner Pressekonferenz die letzte Sitzung des alten Senats der rot-rot-grünen Koalition am Dienstagnachmittag. Ab kommendem Dienstag wird sie von einer vermutlich rot-grün-roten abgelöst, an deren Spitze dann nicht mehr Michael Müller, sondern wohl Franziska Giffey (beide SPD) stehen wird.

Müller gibt an diesem Tag »seine Abschiedsvorstellung«, wie Gruner sagt, und erörtert die neuesten und zugleich vermutlich letzten Beschlüsse, die unter seiner Ägide gefällt wurden, weil eine Notsitzung in den nächsten sieben Tagen nicht wahrscheinlich sei, so Müller selbst. Er lässt sich auch nicht lange über die kleine Feier aus, die im Vorfeld zu seiner Verabschiedung stattgefunden hat, sondern kommt unumwunden zu dem Thema, das ihn die letzten fast zwei Jahre am intensivsten begleitet hat.

Was die Corona-Situation in der Hauptstadt anbetrifft, steht alles im Zeichen der voranschreitenden Covid-19-Auffrischungsimpfungen und der am Mittwoch startenden Immunisierungen für Kinder unter 12 Jahren, für die die ersten Impfdosen am Montag ausgeliefert wurden. Bei den sogenannten Booster-Impfungen liegt der Berliner Anteil an den 30 Millionen, die bis Weihnachten laut Bund und Ländern erreicht werden sollen, bei 1,5 Millionen. Wahrscheinlich werde noch am Dienstag die 1 000 000 Auffrischimpfung verabreicht, vermeldete Gesundheitsstaatssekretär Martin Matz (SPD).

Zusätzlich startet das Kinderimpfen zunächst in besonderen Bereichen in den Impfzentren in Tegel und an der Messe. Außerdem wird es an ausgewählten Schulen in allen zwölf Berliner Bezirken die Möglichkeit geben, »dies ist gut vorbereitet«, so Müller - »damit es keinen Run auf diese Schulen oder auch keine Proteste von Impfgegnern gibt«. Wenn sich Protestaktionen vor Schulen abzeichneten oder ankündigten, werde entsprechend darauf reagiert, kündigte Müller an. »Aber wir wollen ja die Situation vermeiden. Ich stelle doch jetzt nicht zehn Polizeiwagen vor eine Schule, um noch drauf aufmerksam zu machen, dass da das Impfen stattfindet«, erklärt der SPD-Politiker. »Wir sind vorsichtig, und das ist richtig.«

Er freue sich sehr über das Impfangebot für Kinder. Dass Bedarf bestehe, könne man auch an den bereits ausgebuchten Terminen sehen. Zugleich habe man nicht genau gewusst, wie viele Impfdosen geliefert werden können und sehr vorsichtig kommunizieren müssen. Allerdings könne von einer Lage die als »Chaos« oder »schwacher Start« bezeichnet wird, kaum die Rede sein, zeigte sich Müller verärgert: »Es geht erst am Mittwoch los.«

Dann kämen nach und nach weitere Impforte dazu, zwischen den Feiertagen werde es in den Impfzentren weitergehen.

Zur Frage, ob es eine Aufhebung der Testpflicht für drittgeimpfte Menschen geben soll, wie es in anderen Bundesländern vorbereitet wird, sagt Müller, er könne sich gut vorstellen, dass dies für das erste halbe Jahr nach der Auffrischimpfung gelten könne. Wo Schüler*innen sich in den Weihnachtsferien testen sollen, wenn der Schülerausweis nicht mehr als Nachweis regelmäßiger Testung gilt, kann der Noch-Regierende hingegen nicht sagen.

Zu einer epidemische Notlage in der Hauptstadt, wie sie am Montag für Brandenburg erklärt wurde, hat der Senat einen entsprechenden Beschluss an das Abgeordnetenhaus gegeben.

Darüber hinaus will Berlin Menschenrechtler*innen, Journalist*innen, Künstler*innen und Oppositionellen aus Afghanistan zukünftig eine neue Heimat bieten. Der Senat beschloss dazu ebenfalls am Dienstag ein Landesaufnahmeprogramm. In diesem Rahmen sollen in den nächsten fünf Jahren jährlich rund 100 afghanische Staatsangehörige aufgenommen werden, wie die Senatsverwaltung für Integration mitteilte. Darunter sollen auch besonders schutzbedürftige Menschen wie Frauen, Kinder und Kranke sein. Berlin arbeitet dabei mit dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen und der Internationalen Organisation für Migration zusammen.

Ein solches Aufnahmeprogramm gibt es bereits für besonders schutzbedürftige syrische Flüchtlinge. Erst vor einer Woche kamen im Zuge dessen etwa 100 Syrer*innen in Berlin an, die vor dem Bürgerkrieg in ihrer Heimat in das Nachbarland Libanon geflohen waren. Darunter waren Familien mit Kindern und stark traumatisierte Menschen. Mit beiden Landesprogrammen nimmt Berlin Menschen auf, zusätzlich zu Geflüchteten, die in Deutschland ankommen und nach einem festgelegten Schlüssel auf die Bundesländer verteilt werden.

»Die Bilder und Berichte aus Afghanistan haben uns in diesem Sommer alle schockiert«, sagte Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) mit Blick auf die damalige Machtübernahme der radikalislamischen Taliban. »Das Land befindet sich weiterhin in einem desolaten Zustand.« Darunter zu leiden hätten vor allem solche Gruppen, die ohnehin schutzbedürftig seien, und Menschen, die wegen ihres gesellschaftlichen Engagements besonders gefährdet seien. Ihnen wolle man eine sichere Zuflucht bieten.

Er sehe Berlin als internationale, freie und offene Stadt, so Michael Müller dazu. Dass der Senat Berlin zum Sicheren Hafen erklärt habe, sei alles andere als selbstverständlich. »Uns geht es besser als vielen anderen, die auf der Flucht sind. Zumindest ich habe das so verstanden«, macht das scheidende Stadtoberhaupt noch einmal deutlich.

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