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»Großer Schlag« gegen sächsische Rechtsradikale

Polizeirazzia in Sachsen aufgrund von Mordplänen radikaler Impfgegner gegen Ministerpräsident Kretschmer

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 4 Min.

Der »große Schlag«, von dem der sächsische CDU-Innenminister Roland Wöller sprach, erfolgte im Morgengrauen, aber trotzdem mit viel Vorwarnzeit: Eine Woche nach einem Fernsehbericht über Mordpläne gegen Sachsens CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer, die von radikalen Impfgegnern in einer Chatgruppe geäußert wurden, fand in Dresden und Umgebung eine Razzia statt. Insgesamt 140 Beamte der Soko Rex des Landeskriminalamtes (LKA) und des Sondereinsatzkommandos durchsuchten Wohnungen von sechs Beschuldigten, die in Dresden und Heidenau leben. Sie fanden Armbrüste und Waffen, die nun im Detail untersucht werden. Eine Person wurde festgenommen. Laut Dresdner Generalstaatsanwaltschaft werden die Betroffenen verdächtigt, eine »schwere staatsgefährdende Straftat« vorbereitet zu haben. Wöller sprach nach der Aktion von einem »klaren Signal«, dass der Rechtsstaat handlungsfähig sei.

Die Beschuldigten, fünf Männer im Alter von 32 bis 64 und eine 34-jährige Frau, werden einer Gruppe im Messengerdienst Telegram zugerechnet, die »Dresdner Offlinevernetzung« hieß. Laut einem Bericht des ZDF-Magazins Frontal hätten sich die Mitglieder, vor allem angestachelt von Überlegungen zu einer Impfpflicht, in Gewaltfantasien gesteigert, die in Plänen zur Ermordung Kretschmers gipfelten. In Audiobotschaften hatte es geheißen, man wolle »zur Not mit Waffengewalt« gegen Politiker und insbesondere den Regierungschef vorgehen. Beteiligte der Gruppe hätten sich wiederholt in Dresdner Parks persönlich getroffen. Einer der an der Recherche beteiligten Journalisten sagte in einem Podcast der »Sächsischen Zeitung«, es sei »beängstigend«, wie tief und entschlossen einige Mitglieder der Gruppe in einem »von Missinformationen geprägten Gedankengebäude festhingen«.

Spaß und Verantwortung

Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann

Die Sicherheitsbehörden in Sachsen wurden offenbar erst durch den vergangene Woche ausgestrahlten Bericht auf die Vorgänge aufmerksam; das LKA hatte nach der Ausstrahlung mitgeteilt, die Soko Rex nehme Ermittlungen auf und habe »entsprechenden Kontakt zum ZDF hergestellt«. Während der Durchsuchungen erklärte Wöller allerdings, er sei erfreut, dass das LKA den »Tätern der Telegram-Gruppe auf die Spur gekommen« sei, obwohl diese zwischenzeitlich gelöscht wurde. Die Linksabgeordnete Kerstin Köditz merkte an, nicht die Behörde sei den Plänen auf die Spur gekommen, sondern Journalisten, die »mal wieder ihre Arbeit gemacht« hätten. Im SZ-Podcast hatte der an der Recherche beteiligte Journalist erklärt: »Im Grunde hätte jeder das finden können, weil die Gruppe öffentlich gewesen ist.«

Proteste werden von rechtsextremen Gruppierungen geschürt

Die »Dresdner Offlinevernetzung« steht in einer langen Reihe militanter rechter Gruppen in Dresden und Umgebung. Die Reihe reicht von der 2001 verbotenen Nazikameradschaft »Skinheads Sächsische Schweiz« (SSS) über Strukturen wie die »Gruppe Freital«, die ab 2015 Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte verübte und deren Anführer wegen Bildung einer rechtsterroristischen Vereinigung verurteilt wurden, bis zu den »Freien Kräften Dresden« (FKD). Die zwei letzteren zeugen von der Radikalisierung im Umfeld der Pegida-Bewegung und anderer zuwanderungsfeindlicher Proteste ab dem Jahr 2015, die in vielen Gewalttaten mündete.

Derzeit vollzieht sich eine ähnliche Entwicklung, für die indes die Coronapolitik nur ein Auslöser ist. Laut Generalstaatsanwaltschaft verbinde die Mitglieder der Chatgruppe die Ablehnung gegen Impfungen sowie »den Staat«. Beobachter warnen seit langem, dass die Protestbewegung in Sachsen gezielt von rechtsextremen Gruppierungen wie den »Freien Sachsen« geschürt wird und sich eine Radikalisierung vollzieht. »Einzelne ›Spaziergänger‹ in Sachsen haben sich bereits bewaffnet«, konstatiert das »Kulturbüro Sachsen«. Es sei daher »wichtig und richtig«, dass die Sicherheitsbehörden jedem Anfangsverdacht nachgingen, »aktiv die Kommunikation der Gruppen verfolgen« und entsprechende Maßnahmen ergriffen.

Wie sehr sich die Situation bereits zugespitzt hat, belegen nicht nur die Mordpläne gegen Kretschmer, sondern auch ein Fackelaufmarsch, der unlängst vor dem Privathaus von Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) stattfand, sowie Drohungen gegen Bürgermeister, Ärzte oder DRK-Impfteams. Kretschmer hatte zuletzt betont, man müsse »mit allen juristischen Mitteln gegen solch eine Entgrenzung vorgehen«. Menschen, die öffentliche Ämter innehätten, sollten »keine Angst haben müssen, ihre Meinung zu sagen und ihre Arbeit zu machen«.

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