Grün-grüne Konflikte in Schleswig-Holstein

Schleswig-Holsteins Windkraftpläne könnten mit den Ideen der Bundesregierung zu erneuerbaren Energien kollidieren

  • Dieter Hanisch
  • Lesedauer: 3 Min.

Schleswig-Holsteins Energiewendeminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) preist sein Bundesland gerne als Vorreiter in Sachen Ökostrom-Ausbau an. Jüngste Zahlen aus dem Statistikamt Nord scheinen ihm da recht zu geben. Demzufolge hat Schleswig-Holstein seinen Strombedarf im vergangenen Jahr zu 100 Prozent mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt und darüber hinaus sogar noch neun Millionen Megawattstunden (MWh) grünen Strom exportiert. Rechnerisch konnte somit der Stromverbrauch im Land zwischen den Meeren mit rund 15,8 Millionen MWh zu rund 160 Prozent gedeckt werden. Laut Bundesverband Windenergie erreichen solche Positivbilanzen derzeit nur die Länder Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern.

»Das sind gute Nachrichten für den Klimaschutz und für den Standort Schleswig-Holstein. Denn künftig werden sich Unternehmen vor allem auch dort neu ansiedeln und Werte schaffen, wo sie CO2-freien Strom vorfinden«, frohlockt deshalb Albrecht. So hofft er, dass in seinem Bundesland in den nächsten 15 Jahren 20 000 neue Arbeitsplätze entstehen – nachdem seit 2016 in der Windkraftbranche 160 000 Jobs vernichtet wurden, vor allem auch weil die alten Bundesregierungen den Ausbau der Erneuerbaren bremsten.

So spielt in Schleswig-Holstein auch die Atomkraft noch eine große Rolle. Der Anteil der Stromerzeugung aus Kernenergie betrug in dem Bundesland zuletzt 26,9 Prozent. Doch Energiewendeminister Albrecht sieht der Abschaltung des AKW Brokdorf zum Jahreswechsel entspannt entgegen. Rechnet man nämlich den Anteil des Kernkraftwerkes am Strommix heraus, so erreichten die Erneuerbaren in Schleswig-Holstein im Jahr 2020 immer noch einen Anteil von 86 Prozent.

Jedoch gibt es in Sachen Energiewende nicht nur positive Nachrichten aus Schleswig-Holstein. So sank die Energiemenge, die das Bundesland durch sogenannte Offshore-Windanlagen, also Windparks vor der Küste, produzierte, um 2,6 Prozent auf 7 Millionen Megawattstunden. Dabei setzt Schleswig-Holstein vor allem auf die Windkraft an Land. Das selbst gesteckte Ziel lautet 10 Gigawatt Windstrom onshore bis zum Jahr 2025. Speziell beim Repowering, also dem Austausch und leistungsfähigeren Ausbau bestehender Anlagen, möchte Albrecht zulegen, nachdem ein Windenergie-Moratoriumsurteil des Oberverwaltungsgerichts Schleswig aus dem Jahr 2015 in der Vergangenheit den Ausbau lähmte.

Entsprechend den jüngsten Statistiken des Bundesverbandes Windenergie ist Schleswig-Holstein momentan bundesweiter Repowering-Spitzenreiter. In den ersten drei Quartalen des Jahres sind 48 neue Anlagen mit einer Leistung von 192 Megawatt in Betrieb gegangen, im gesamten Vorjahr waren es lediglich 37 mit 127 Megawatt. Albrecht rechnet damit, dass bis Ende des Jahres so viele neue Anlagen genehmigt werden wie sonst nirgendwo in Deutschland. Bis Ende September waren es 150.

Der weitere Windkraftausbau birgt unterdessen aber auch Konfliktpotenzial mit der neuen Bundesregierung. So ist man im schleswig-holsteinischen Energieministerium, das einst von Robert Habeck geleitet wurde, davon überzeugt, dass die Ausbaupläne der Ampel für Windanlagen an Land nicht ausreichen werden. SPD, Grüne und FDP haben in ihrem Koalitionsvertrag niedergeschrieben, dass zwei Prozent der Landesfläche Deutschlands für die Windkraft reserviert werden sollen. Gleichzeitig wollen sie bis 2030 80 Prozent des Stroms aus regenerativen Energiequellen gewinnen.

Grünen-Politiker Habeck, der jetzt das Bundeswirtschaftsministerium leitet, setzt deshalb auf Repowering aller Bestandsanlagen. Das würde aber der Landesplanung in Schleswig-Holstein widersprechen, laut der knapp 1000 Anlagen an ihre Altersgrenzen kommen und nicht mehr für eine Repower-Maßnahme freigegeben werden – meist weil sie zu geringe Abstände zur bestehenden Wohnbebauung aufweisen. Gleichzeitig wehrt sich die CDU, die in Schleswig-Holstein zusammen mit den Grünen und der FDP regiert, gegen eine Einmischung des Bundes in die föderale Flächen-Landesplanung.

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