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Linkskandidat Boric gewinnt Präsidentschaftswahl in Chile
Linkes Wahlbündnis »Apruebo Dignidad« erhält 55,8 Prozent der Stimmen
Berlin/Santiago de Chile. Der frühere Studentenführer Gabriel Boric wird neuer Präsident in Chile. Der 35-jährige Politiker, der für das linke Wahlbündnis »Apruebo Dignidad« (Ich stimme für die Würde) angetreten war, erhielt in der Stichwahl um das Präsidentenamt 55,9 Prozent der Stimmen, wie die Nationale Wahlkommission in der Nacht zu Montag (Ortszeit) nach Auszählung von 99,5 Prozent der Stimmen mitteilte. Sein rechtskonservativer Kontrahent José Antonio Kast kam auf 44,1 Prozent der Stimmen. Noch in der Wahlnacht erkannte er seine Niederlage an. »Ich habe gerade mit Gabriel Boric gesprochen und ihn zu seinem großen Triumph beglückwünscht«, schrieb Kast auf Twitter. »Ab heute ist er der gewählte Präsident Chiles und verdient all unseren Respekt und konstruktive Zusammenarbeit.«
Im Zentrum der Hauptstadt Santiago und in anderen Städten des südamerikanischen Landes feierten Zehntausende Anhänger von Boric den Wahlsieg ihres Kandidaten. Die Wahl galt als Richtungsentscheid für die chilenische Politik. Die Wahlen fanden in einem sozial aufgeheizten Klima und zwei Jahre nach den Massenprotesten für mehr soziale Gerechtigkeit statt.
Boric erklärte, er nehme den Sieg »mit Demut und Verantwortungsbewusstsein« an. »Unsere Regierung wird mit den Füßen auf der Straße stehen«, betonte er. Boric will die neoliberale Wirtschaftspolitik beenden und die soziale Ungleichheit bekämpfen. Dafür will er das private Rentensystem in ein staatlich kontrolliertes Fondssystem umbauen, eine Reichensteuer und eine Abgabe für den Abbau von Bodenschätzen einführen. Mit den Einnahmen soll seine soziale Agenda finanziert werden, die auch mehr Gleichheit im Bildungswesen und eine Stärkung des staatlichen Gesundheitssystems vorsieht.
Sein Kontrahent Kast, der bereits 2017 für das Präsidentenamt kandidierte, wollte mit seinem Versprechen für mehr Sicherheit und wirtschaftliche Stabilität bei den Wählern punkten können. Er wollte das neoliberale Wirtschaftsmodell fortführen und die Migration bekämpfen. Kast gilt als Sympathisant des früheren Diktators Augusto Pinochet.
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Der scheidende Präsident Sebastián Piñera versperrte sich vielen Reformen und ließ teilweise die Massendemonstrationen für mehr soziale Gerechtigkeit mit brutaler Polizeigewalt beenden. Die Proteste erzwangen jedoch eine Volksabstimmung über eine neue Verfassung. In dem historischen Referendum im Oktober vergangenen Jahres stimmten mehr als drei Viertel der Wahlberechtigten für eine neue Verfassung. Die aktuelle Verfassung stammt noch aus Zeiten der Pinochet-Diktatur (1973-1990). Zivilgesellschaftliche Organisationen sehen in ihr den Grund für die tiefe soziale Ungleichheit und verringerte Bildungschancen für einen Großteil der Bevölkerung. epd/nd
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